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Das Museum RELíGIO und die Wallfahrtskapelle aus der Vogelperspektive.

Einführung

Herzlich willkommen im Museum RELÍGIO!

„RELÍGIO“ – im Namen unseres Hauses verschmelzen das lateinische religio für „Religion“ und regio für „Region“ sinnfällig miteinander. Religio bedeutet „Rückbindung“, also: Woher komme ich? Damit ist die grundsätzliche Frage gestellt, wie Menschen ihrem Leben Sinn durch eine Dimension geben, die ihre eigene Existenz übersteigt. Das Museum RELÍGIO widmet sich daher der Frage, wie Glaube und Religion die Menschen und damit die Geschichte Westfalens bis in die Gegenwart prägen. Wir verbinden das Gestern und Heute, indem wir verschiedene Wege gehen, um darauf Antwort zu geben: Wir lassen historische Objekte sprechen, hören Zeitgenossen über ihren Glauben reden, zeigen Ihnen Filme und Fotos. Dass der Schwerpunkt auf dem Christentum liegt, ist auf die mehr als tausendjährige christliche Prägung Westfalens zurückzuführen. Entstanden ist unser Haus 1934 als Wallfahrts- und Heimatmuseum. Um der heutigen, veränderten Lebens- und Glaubenswelt Rechnung zu tragen, präsentiert sich das Museum seit 2012 mit neuer Konzeption – und mit neuem Namen. Als volkskundliches Museum öffnet RELÍGIO auch immer den Blick auf andere Kulturen, und möchte Sie, liebe Besucher, umfassend in die Welt von Glaube und Religion einführen. Wir wünschen Ihnen einen anregenden Rundgang und danken für Ihren Besuch!

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Auf einem Tisch sind Objekte zu den Religionen der Welt ausgestellt.

Alle Religionen auf einem Tisch

Religion heute – wie erleben wir sie, hier in Deutschland, hier in Westfalen? Vielgestaltig ist unsere Glaubenslandschaft, das zeigt ein Blick auf den „Tisch der Religionen“. Oft sind uns die religiösen Zeichen und Symbole vertraut, manchmal sind sie fremdartig und fern. Wohl jeder kennt das Kreuz als Sinnbild des Christentums, das unsere Kultur seit zwei Jahrtausenden prägt, den vielarmigen Leuchter für das Judentum, die Moschee für den Islam. Auch fernöstliche Religionen sind in unserem Alltag präsent, besonders durch die Figur Buddhas, der jedoch häufig eher dekorativ in Haus und Garten steht. Die Übergänge sind oft fließend, wie auch in anderen Bereichen der modernen Spiritualität, deren Spektrum vom esoterischen Engelkult bis zu Ersatzreligionen wie dem Fußball reicht. Die Frage danach, was Glaube und Religion heute bedeuten, ist gesellschaftlich hochaktuell und mitunter brisant – gerade weil eine solche Vielfalt herrscht. Wir haben daher Menschen verschiedener Nationalitäten, Religionen und Konfessionen gefragt, wie sie ihren Glauben leben. Nehmen Sie sich ein wenig Zeit und schauen Sie sich an den Monitoren an, was eine Protestantin aus Minden-Ravensberg, eine Muslimin aus Paderborn oder eine Jüdin aus Münster erzählen. Das Wissen um das, was anderen heilig ist, kann Respekt und Toleranz fördern. Schließlich haben alle Religionen das gleiche Anliegen: Sie wollen Antwort geben auf die zentralen Fragen, die wir uns stellen: Warum bin ich? Wohin gehe ich nach dem Tod? Daran erinnern auch die Zitate hier an der Wand: Sie stammen aus einer Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils von 1965, in der die katholische Kirche für den verstärkten Dialog mit anderen Religionen eintritt. In diesem Sinne gab Josef Kardinal Ratzinger auf die Frage „Wie viele Wege gibt es zu Gott?“ einmal die Antwort: „So viele, wie es Menschen gibt.“

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"Die Stuffenjahre des Menschen", 10 Stufen eines Manneslebens, für jede Stufe ein Reim, altkolorierte Radierung von Friedrich Campe (Verleger), Papier, Nürnberg (Verlagsort), 1815-1825.

Lebensstufen des Menschen

Wir werden geboren – wir leben, wir lieben, wir sterben. Darin sind wir Menschen uns alle gleich, welcher Kultur und Religion wir auch angehören.

Nichts anderes sagt dieses Wandbild, das den Titel „Die Stuffenjahre des Menschen“ trägt. Solche Lebensbilder waren im 19. Jahrhundert in christlichen Haushalten sehr beliebt. Mit ihrem moralisch-belehrenden Unterton halten sie den Betrachter zu einem Leben in Demut und Bescheidenheit an – zu einem Leben, in dem jeder zur rechten Zeit seine Rolle zu spielen hat: als fröhliches Kind, als glückliche Braut oder als stolzer Vater. Aber auch duldsam im Alter, wenn einen Krankheit und Einsamkeit einholen – und schließlich der Tod.

Jede dieser „Stufen“ markiert zugleich einen Übergang, also den Moment, in dem man einen Lebensabschnitt abschließt, um einen neuen zu beginnen. Manche Übergänge sind sehr individuell: Denken Sie nur an Ihren ersten Kuss oder Ihre erste eigene Wohnung. Andere laufen nach festen Regeln ab: keine Einschulung ohne Schultüte, keine Taufe ohne Wasser, keine Braut ohne Schleier. Um solche Übergänge und ihre Rituale geht es im folgenden Ausstellungsraum.

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Geschnitztes Taufbecken, geschaffen für die Erlöserkirche in Bielefeld, Eichenholz, Bielefeld, um 1900, Leihgabe: Dietrich-Bonhoeffer Kirchengemeinde, Bielefeld; Zwei Taufkleider aus Baumwolle, Münsterland, 20. Jahrhundert, Leihgabe: Mühlenhof und Privatbesitz .

Taufe

Wasser in den Religionen

Taufe

Über diesem Taufbecken wurden schon viele Kinder getauft. Es stammt aus der Zeit um 1900 und stand ursprünglich in einer Kirche in Bielefeld. Viele Male hatten sich dort stolze Eltern und Paten um das Becken versammelt, um ihr Kind über die Taufschale zu halten. Mit einem festen Ritual, das vor der versammelten Gemeinde erfolgt, wird das Kind in die Kirche aufgenommen, in die Gemeinschaft der Christen: Der Pfarrer gießt Wasser über den Kopf des Kindes, segnet es und tauft es im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Diese Grundelemente sind im katholischen und evangelischen Taufritus gleich. Christ ist man nicht von Geburt an, sondern wird es erst durch die Taufe. Und nur als getaufter Christ kann man an einem der zentralen Glaubenssätze des Christentums teilhaben: an der Auferstehung und damit am Ewigen Leben.

Zur Taufe legt man dem Kind ein Taufkleid an. Beispiele sehen Sie in den hohen Vitrinen. Besonders interessant ist das rechte aus dem Jahr 1948: Auf dem Saum sind die Namen aller Kinder eingestickt, die das Kleidchen getragen haben. Das strahlende Weiß eines Taufkleides spiegelt die Reinheit des neuen Christen wieder, denn das Taufwasser wäscht den Täufling von der „Erbsünde“ rein. Die haben Adam und Eva durch ihren Sündenfall über die Menschheit gebracht, als sie im Paradies den verbotenen Apfel vom Baum der Erkenntnis aßen, so der christliche Glaube.

Wasser in den Religionen

Bei der Taufe wäscht das Wasser den Täufling von seinen Sünden rein: Nun kann etwas Neues beginnen, in diesem Fall das Leben als Christ. Auch in vielen anderen Religionen steht Wasser für innere Reinheit und Neubeginn. Im Judentum gibt es die Mikwe, das rituelle Tauchbad. Dort reinigen sich die Juden, indem sie komplett untertauchen – zum Beispiel vor hohen Feiertagen, aber auch, wenn sie „unrein“ sind, etwa nach der Berührung eines Toten oder, bei Frauen, nach einer Geburt oder der Monatsblutung. Muslime waschen sich vor jedem Gebet, also fünf Mal am Tag. Nach bestimmten Regeln werden Gesicht, Hände, Arme und Füße gereinigt. Bei jeder Moschee gibt es Wasserbecken für diese rituelle Reinigung. Im Buddhismus gehört das kultische Waschen zum Beispiel beim traditionellen thailändischen Neujahrsfest dazu, dem Songkran: Die Menschen putzen ihre Häuser, übergießen sich gegenseitig mit Wasser und selbst die Buddhafiguren werden dann gewaschen. Auch im hinduistischen Pubertätsritual, Samethiyavidhu genannt, spielt Reinigung eine große Rolle. Nach der ersten Menstruation wäscht man die Mädchen und kleidet sie neu ein: So werden sie in die Erwachsenenwelt aufgenommen und damit vom Kind zur Frau.

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Taufspritze/Klistierspritze, Metall, Holz, Kork, Deutschland, um 1900, Leihgabe: Westfälische-Wilhelms Universität Münster - Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin

Klistier oder Taufspritze

Dieses eigentümliche Utensil erzählt davon, dass eine Taufe früher nicht immer ein glücklicher Moment im Leben einer Familie war. Es ist eine sogenannte Taufspritze – ein mit geweihtem Wasser gefülltes Instrument, das seit dem Mittelalter zur Grundausstattung jeder Hebamme gehörte. Die Taufspritze kam zum Einsatz, wenn sich bei einer Geburt abzeichnete, dass das Kind stirbt, bevor es den Mutterleib verlässt. Man führte dann den gebogenen Teil in den Unterleib der Schwangeren ein und taufte das Kind mit dem Weihwasser im Bauch der Mutter. Wenn kein Pfarrer zur Stelle war – wie häufig der Fall –, übernahm das die Hebamme: Dazu war sie von Seiten der katholischen Kirche sogar verpflichtet.

Wir fragen uns heute, warum man der armen Frau, die gerade ihr Kind verliert, diese Prozedur auch noch antun musste. Die Frau sah das allerdings anders: Sie war froh, dass ihr Kind getauft und damit von der Erbsünde reingewaschen wurde. Denn sonst kam das Kind nicht in den Himmel. Die ungetauften Kinder, so glaubte man, mussten auf ewig im „Limbus infantum“ ausharren, einem Ort zwischen Himmel und Hölle. Diese Vorstellung hat die katholische Kirche erst im Jahr 2007 abgeschafft. Taufspritzen gab es da allerdings schon lange nicht mehr, denn das Risiko, dass Frauen sich bei der Nottaufe mit Keimen infizieren, ist immens – und hat viele das Leben gekostet.

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Taufregister mit Namen der Geborenen und Getauften, Telgte, zwischen 1803 und 1809, aufgeschlagen: 1. Sept. bis 16. Dez. 1803, Papier, Telgte 1803, Leihgabe: Stadtarchiv Telgte

Taufregister und Patenschaft

Das Märchen vom Gevatter Tod

Taufregister und Patenschaft

Über 200 Jahre ist es her, dass dieses Taufregister geschrieben wurde. Mit geübter Hand sind hier alle Kinder verzeichnet, die zwischen 1803 und 1809 in Telgte zur Welt kamen. Penibel notiert der Schreiber die geforderten Daten: den Namen und das Geburtsdatum des Kindes, ob es ehelich oder unehelich geboren ist – das war für seinen Stand in der Gesellschaft entscheidend –, die Namen von Vater und Mutter, deren Wohnort, das Datum der Taufe, wer getauft hat und schließlich die Paten.

Aus dem Register lässt sich ablesen, dass damals zwischen Geburt und Taufe nur wenige Tage vergingen: Maximal vier durften es sein, so schrieb es die Kirchenordnung noch bis in die Nachkriegszeit vor. Der Grund dafür war die hohe Kindersterblichkeit – und ungetauft sollte kein Kind sterben, da es sonst nicht in den Himmel kam. Der frühe Tauftermin hatte übrigens zur Folge, dass die Mutter an der Taufe ihres eigenen Kindes meistens nicht teilnehmen konnte, da sie noch geschwächt im Wochenbett lag.

Außerdem zeigt das Taufregister, dass der Name des Kindes in der Regel mit dem des Taufpaten identisch ist – ein Brauch, dem man in katholischen Gebieten, wie hier im Münsterland, noch weit bis ins 20. Jahrhundert gefolgt ist.

Das Märchen vom Gevatter Tod

Paten gibt es bis heute in der katholischen und evangelischen Kirche, meist sind es Familienmitglieder oder enge Freunde der Eltern. Ihre Aufgaben sind die gleichen geblieben, zumindest in der Theorie: Ein Taufpate soll sein Patenkind im christlichen Glauben erziehen, und sterben die Eltern, übernimmt er die Verantwortung für das Kind. Paten sind also ursprünglich Wahlverwandte, mit denen man den Kreis der Nothelfer erweiterte. Der Pate unterstützt sein Patenkind auch immer wieder mit Geld und anderen Geschenken. Einige typische Beispiele sehen Sie in der Vitrine links. Der finanzielle Beitrag war früher für kinderreiche Familien nahezu lebensnotwenig. Davon erzählt das Märchen „Der Gevatter Tod“ der Brüder Grimm von 1812 – denn „Gevatter“ ist nichts anderes als das altdeutsche Wort für Pate. Hören Sie nun den ersten Abschnitt daraus:

Es hatte ein armer Mann zwölf Kinder und musste Tag und Nacht arbeiten, damit er ihnen nur Brot geben konnte. Als nun das dreizehnte zur Welt kam, wusste er sich in seiner Not nicht zu helfen, lief hinaus auf die große Landstraße und wollte den ersten, der ihm begegnete, zu Gevatter bitten. Der erste, der ihm begegnete, das war der liebe Gott. Der wusste schon, was er auf dem Herzen hatte, und sprach zu ihm: »Armer Mann, du dauerst mich, ich will dein Kind aus der Taufe heben, will für es sorgen und es glücklich machen auf Erden.« Der Mann sprach: »Wer bist du?« – »Ich bin der liebe Gott.« – »So begehr' ich dich nicht zu Gevatter«, sagte der Mann, »du gibst dem Reichen und lässt den Armen hungern.« Das sprach der Mann, weil er nicht wusste, wie weislich Gott Reichtum und Armut verteilt. Also wendete er sich von dem Herrn und ging weiter. Da trat der Teufel zu ihm und sprach: »Was suchst du? Willst du mich zum Paten deines Kindes nehmen, so will ich ihm Gold die Hülle und Fülle und alle Lust der Welt dazu geben.« – Der Mann fragte: »Wer bist du?« – »Ich bin der Teufel.« – »So begehr' ich dich nicht zu Gevatter«, sprach der Mann, »du betrügst und verführst die Menschen.« Er ging weiter; da kam der dürrbeinige Tod auf ihn zugeschritten und sprach: »Nimm mich zu Gevatter.« Der Mann fragte: »Wer bist du?« – »Ich bin der Tod, der alle gleichmacht.« Da sprach der Mann: »Du bist der Rechte, du holst den Reichen wie den Armen ohne Unterschied, du sollst mein Gevattersmann sein.

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Kelch "von Hartmann", Silber, vergoldet und durchbrochen, emaillierter Besatz mit Diamanten, sechs silberne, zisilierte Medaillons, 1874, Leihgabe: Kirchengemeinde St. Marien Telgte

Vasa Sacra

Eucharistie oder Abendmahl?

Vasa Sacra

Was hier so funkelt und glänzt, sind Vasa sacra, heilige Gefäße. Man verwendet sie im Gottesdienst bei der Eucharistie, der zentralen Feier des Christentums. Die Eucharistie wird im Katholischen „Kommunion“ oder „Heilige Messe“ genannt, im Evangelischen „Abendmahl“. Denn die Eucharistie erinnert an das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern am Abend, bevor er gekreuzigt wurde. Er teilte Brot und Wein mit ihnen und sagte: „Dies ist mein Leib, dies ist mein Blut.“ und „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“ So überliefert es das Neue Testament. Jesus hat seine Jünger – und damit alle nachfolgenden Christen – also selbst aufgefordert, diesen Ritus zu feiern. Daher spielt die Eucharistie so eine zentrale Rolle in der katholischen Kirche genauso wie in der evangelischen.

Eucharistie oder Abendmahl?

Von unseren Vasa sacra stammen die unteren aus einer katholischen Gemeinde und die oberen aus einer evangelischen.

Der augenfälligste Unterschied zeigt sich bei den Kelchen. Beim katholischen Kelch unten ist die Trinkschale, die Cuppa, viel kleiner ist beim evangelischen. Das liegt daran, dass in der katholischen Kirche nur der Geistliche von dem Wein trinkt, in der evangelischen hingegen die ganze Gemeinde. Daher benötigt man dort auch eine große Kanne – wie oben zu sehen –, um den Wein immer wieder nachschenken zu können. Solche Abendmahlskannen sind typisch evangelisch.

Im Ritus selbst besteht der grundsätzliche Unterschied, wie die Wandlung von Brot und Wein zu Leib und Blut Christi aufgefasst wird. In der katholischen Kirche werden der Wein und die Hostien – also das Brot – gewandelt und stellen ab diesem Moment dauerhaft den Leib und das Blut Christi dar. Daher darf kein Tropfen und kein Krumen verloren gehen. Die Hostien werden in äußerst prächtigen Gefäßen aufbewahrt, wie dem Ziborium unten links. Das Dankesmahl wird in der katholischen Kirche Eucharistie genannt. In der evangelischen Kirche findet die Wandlung nur während der Abendmahlsfeier selbst statt. Das heißt: Danach sind Brot und Wein nicht mehr Leib und Blut Christi, sondern wieder Brot und Wein.

 

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Taschenuhr, Geschenk zur Kommunion im Jahr 1891, Silber, Salzbergen, Leihgabe: Privatbesitz

Taschenuhr

Kommuniongeschenke

Taschenuhr

Eine Taschenuhr war früher ein beliebtes Geschenk zur Erstkommunion – wie dieses Exemplar, das ein Junge 1891 von seinem Großvater bekam. Ein Geschenk mit Symbolwert, sagt es doch: Nun beginnt ein neuer Lebensabschnitt, nun ist die unbeschwerte Kindheit vorbei. Das Leben tickt von jetzt an anders: nach den Regeln der Erwachsenenwelt.

Im 19. Jahrhundert fiel die Erstkommunion mit der Schulentlassung zusammen, also mit spätestens 14 Jahren. Das Berufsleben begann und die Erstkommunion unterstrich diesen großen Schritt. Denn bei der Erstkommunion nehmen die Mädchen und Jungen zum ersten Mal an der Eucharistie teil, der „heiligen Kommunion“. Diesem wichtigen Akt geht die erste Beichte voraus. Der feierliche Ernst der Stunde spiegelt sich in den Gesichtern der Kommunionkinder wider, die Sie über der Vitrine sehen.

Heute wird die Erstkommunion mit etwa neun Jahren gefeiert. Die Kinder gehen danach noch eine ganze Weile in die Schule. Die Erstkommunion markiert keinen so deutlichen Übergang mehr.

Eine Taschenuhr bekamen früher übrigens nur die Jungen. Bei den Mädchen dachte man – mit Tassen, Löffeln und ähnlichem – schon an die Aussteuer. Was Kommunionkinder um 1900 zu leisten hatten, bevor sie ihre Geschenke bekamen, erzählt ein Mann aus Greffen im östlichen Münsterland.

Kommuniongeschenke

„Die Vorbereitungszeit, d.h. der Kommunionunterricht, dauerte 2 Jahre. Am Schluss musste der gesamte Katechismus mit dem grob- und feingedruckten Text auswendig gekonnt werden. In der letzten Woche fand die Prüfung statt, wozu nachmittags immer einige Kinder in das Pastorat kommen mussten. Wer grob versagte, wurde nicht angenommen. Das war eine Schande, die man im ganzen Leben nicht wieder los wurde. Deshalb war die ganze Familie einschließlich der Dienstboten darauf bedacht, dass die Prüfung bestanden wurde. Besonders die Mütter paukten mit den Kindern den Katechismus. Der Unterricht wurde vom Pfarrer in der Kirche erteilt. Die Kinder gingen von der Schule aus geschlossen in Zweierreihen zur Kirche. Unterwegs durfte nicht gesprochen werden, wie überhaupt häufiger Verzicht und fleißiger Kirchenbesuch außerhalb der Schulmesse vom Kommunionkind verlangt wurden. Vergaß sich ein Kind, so wurde es von allen Seiten mit dem Zuruf: „Du bist doch ein Kommunionkind!“ zur Ordnung gerufen.“

Dass die Geschenke zur Erstkommunion, die wir hier zeigen, damals ganz typisch waren, berichtet auch eine Frau aus dem westfälischen Gescher in plattdeutscher Sprache:

„Wann et ganz hoge gong, gavt för de Jungs van de Patöhm `ne Uhr, un för de Deerns en Gebiädebook „Brot der Engel“, van dePätmöei. Dat Komionbeld moß de Bookbinner of de Kiärkenköster verglasen, dat wodde in de Sloapkammer uphangen.“

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"De Junges kreegen de iärste lange Bux un’n stieven Hoot." Plattdeutsche Zitate zur Erstkommunion

Zitat amTorbogen

De Junges kreegen de iärste lange Bux un’n stieven Hoot.“

Das plattdeutsche Zitat an der Torwand stammt von Marga Hanses aus dem westfälischen Gescher, die über ihre Erstkommunion im Jahr 1895 erzählt. Sie können nun zwei weitere Zitate von ihr hören. Erst berichtet die Frau über den Ablauf am Tag der Erstkommunion und dann über die Kleidung der Kommunionkinder. Die Fotos auf dem Bildschirm am Tor illustrieren ihre Aussagen.

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Eucharistisches Vergissmeinnicht, Gebetbuch in stoffbesetzter Schatulle mit farbiger Darstellung der Firmung eines Firmlings durch den Bischof, Papier, Stoff, Mönchengladbach, 1908

Gebetbuch

Ein „Andenken an die heilige Firmung“ ist dieses kleine Gebetbuch. Das verrät die Inschrift unter dem Bild, das in den Deckel der stoffbesetzten Schatulle eingelegt ist. Dargestellt ist die Firmung selbst. Ein Mädchen steht mit betend erhobenen Händen vor einem Bischof, fein herausgeputzt, denn es ist ein wichtiger Tag: Heute bekennt sie sich vor der versammelten Gemeinde zu ihrem Glauben. Der Bischof macht das Segenszeichen auf ihre Stirn und bestätigt damit, dass sie nun ein vollwertiges Mitglied der katholischen Kirche ist. Das bezeugen als himmlische Instanz Maria und die Apostel, die auf einer Wolkendecke über der Szene schweben. Die Firmung ist – nach Taufe und Erstkommunion – der letzte Akt des katholischen Initiations- also Aufnahmeritus.

Die Frau, die so eindrucksvoll in ihrem eleganten, dunklen Sonntagsstaat hinter dem Mädchen steht, ist übrigens nicht ihre Mutter. Es ist die Firmpatin des Mädchens. Paten sind auch die anderen Erwachsenen, die in der Reihe mit den übrigen Firmlingen warten. Denn einem katholischen Kind steht nicht nur bei der Taufe ein Pate zur Seite, sondern auch bei der Firmung. Die Kinder sind dann allerdings keine „Kinder“ mehr, sondern bereits zwischen 13 und 18 Jahre alt.

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Konfirmatiosschein für Adolf Weber mit dem Motiv des "Guten Hirten", Papier, Holz, Glas gerahmt, 1913; Schwarzweiß Fotografie, Studioaufnahme von Adolf Weber zeigt ihn 1913 in seinem Konfirmationsanzug, Fotografie auf Karton, Bad Oeynhausen,1913

Konfirmationsschein und Konfirmationsfoto

Erwachsenwerden

Konfirmationsschein und Konfirmationsfoto

„Da steht er nun, als Mann verkleidet,
und kommt sich nicht geheuer vor.
Fast sieht er aus, als ob er leidet.
Er ahnt vielleicht, was er verlor.

Er trägt die erste lange Hose,
Er spürt das erste steife Hemd.
Er macht die erste falsche Pose.
Zum ersten Mal ist er sich fremd.“

Wie gut diese Zeilen zu dem Foto hier passen! Es sind die ersten Passagen des Gedichts „Der Konfirmand“, das Erich Kästner 1936 schrieb. In ganzer Länge sehen Sie es rechts abgedruckt.

Was in der katholischen Kirche die Firmung ist, ist in der evangelischen die Konfirmation: Die Konfirmanden werden mit diesem Ritus zu mündigen Mitgliedern der Kirche. Sie sind nun 14 Jahre alt – alt genug, um selbst ihren Glauben vor der Gemeinde zu bekunden. Nun dürfen die Jugendlichen auch zum ersten Mal am Abendmahl teilnehmen. Das bestätigt ganz offiziell ein Konfirmationsschein, wie der links neben dem Foto.

Als die Schule früher mit 14 Jahren beendet war, hatte die Konfirmation einen anderen Stellenwert als heute. Dann wurden aus Kindern Erwachsene. Das machten auch die Kleidung und andere Neuerungen klar: der erste Anzug, das erste lange Kleid – die erste Zigarre, das erste Glas Wein. Für die Kinder hieß das: Nun bin ich ein Mann, nun bin ich eine Frau! Davon erzählt für die Zeit um 1900 eine Zeitzeugin aus der Nähe von Bielefeld.

Erwachsenwerden

„Wenn auch die Armut der meisten Handweber zu der Zeit groß war, so hat es doch fast jede Familie geschafft, zu dem Ereignis ein neues Kleid für das Kind zu beschaffen. Die Jungen kriegten meist für diese Gelegenheit das erste Paar hohe Schuhe, geschnürt bis über den Knöchelrand, und den ersten Anzug mit langer Hose. Diese Kleidungsstücke wurden sorgsam gepflegt, nur sonntags getragen und meist von den nachfolgenden Geschwistern weiter getragen. Alles war in schwarz gehalten, so auch die Kleider der Mädchen, die als Zierde evt. etwas Spitze oder Samt - meist am Stehkragen - hatten. Mäntel gab es zu dieser Zeit kaum. Die Jungen trugen Pellerinen, die Mädchen hatten große wollene Tücher um. Die Mädchen trugen zu dem Gesangbuch, was meist ein Pate schenkte, ein weißes Taschentuch, das sie meist selber mit Spitze umhäkelt hatten. Im Gesangbuch war es üblich, den vollen Namen im Inneren des Deckels in Goldschrift machen zu lassen. Die Mädchen trugen noch oft ihre Zöpfe oder hatten öfters die Zöpfe als Schnecken über die Ohren gelegt. Die Eltern trugen zu der Feier ihre übliche Sonntagskleidung.“


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Erinnerungsschein Jugendweihe, Papier, Dorstfeld, 1926

Erinnerungsschein zur Jugendweihe und Jugendweihfoto

Ostern 1926 stellt der Freidenkerverein in Dorstfeld, einem Stadtteil von Dortmund, diese Urkunde für ein 14-jähriges Mädchen aus, „Zur Erinnerung an die Jugendweihe“. Das Foto darunter gehört ebenfalls dazu. Dort sind 44 Buben und Mädchen zu sehen. Die Eltern haben sie für diesen Anlass ordentlich zurechtgemacht: Die Mädchen tragen Kleider und Schleifen im Haar, bei den Jungen liegen die blitzweißen Hemdkrägen über den Jacketts. Man könnte dieses Foto für ein Konfirmationsbild halten, stünde darüber nicht „Frei sei der Geist, ohne Zwang der Glaube!“ – der Leitspruch der freireligiösen Bewegung.

Die freireligiöse Bewegung entstand in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Kritische Geistliche –katholische und evangelische – gründeten damals freie Gemeinden, weil sie mit den Lehren der offiziellen Amtskirchen nicht mehr einverstanden waren. Für sie standen die Werte des Humanismus im Vordergrund, also Toleranz, Gewissens- und Gewaltfreiheit.
Die freireligiösen Gemeinden behielten manche christliche Feste bei, allerdings unter anderen Vorzeichen. So bot man 1852 erstmals eine „Confirmationsersatzfeier“ an: die „Jugendweihe“. Die Feier wurde später von der Arbeiterbewegung übernommen, und die DDR machte daraus eine Art Staatshuldigung. Heute ist die „Jugendfeier“, wie man sie mittlerweile nennt, ganz von ihren christlichen Ursprüngen gelöst und wird von atheistisch-humanistischen Vereinigungen durchgeführt.

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Tallit, Gebetsschal, Baumwolle, Israel, 2010; Tallit-Tasche, Tasche für den Gebetsschal, Samt, Israel, 2012

Tallit mit Tasche

Auch in der jüdischen Religion gibt es einen festen Ritus, der den Übergang zwischen Kindheit und Erwachsensein markiert: die Bar Mizwa. Das klassische Geschenk für diesen Anlass ist ein Gebetsschal, der Tallit, wie unser Exemplar hier. Zum Schal gehört eine schwarze Tasche aus Samt, die mit den Symbolen der 12 Stämme Israels bestickt ist.

Bar Mizwa heißt übersetzt „Sohn der Pflicht“. Dieser Ritus wird nur für Jungen gefeiert. Als Termin ist der Sabbat nach dem 13. Geburtstag festgelegt. Dann hat ein Junge nach jüdischer Tradition seine volle religiöse Mündigkeit erreicht. Nach der Bar Mizwa ist er ein vollwertiges Mitglied der Gemeinde, mit allen Rechten und Pflichten. Nun darf er zum Beispiel aus der Thora vorlesen, der hebräischen Bibel.

Die jüdischen Mädchen sind bereits mit ihrem 12. Geburtstag religionsmündig. Für sie gibt es einen vergleichbaren Ritus, die Bath Mizwa, das heißt „Mädchen der Pflicht“. Allerdings wird dieses Fest nicht in allen jüdischen Gemeinden gefeiert, da es von streng orthodoxen Juden abgelehnt wird. Im Vergleich zur traditionsreichen Bar Mizwa für die Jungen ist die Bath Mizwa noch recht jung und stammt aus dem reformierten Judentum.

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Abendmahl- und Hochzeitshaube, Baumwolle mit Spitze, Tüll und Atlasseide, Osnabrücker Land, um 1900; Goldhauben, Baumwolle mit Samt und Seide, verziert mit Spitze, Goldstickerei und Spiegelglas, Osnabrücker Land, um 1900

Trachtenhauben

„Sie ist unter die Haube gekommen!“ – das hört man heute noch, wenn eine Frau geheiratet hat. Was sich hinter dieser Redensart verbirgt, sehen Sie hier: Die drei Hauben stammen aus den Jahren um 1900, einer Zeit, als es zumindest auf dem Land noch Brauch war, dass eine Frau züchtig ihr Haupt bedeckte.

Doch die Haube war keine reine Kopfbedeckung, sie war ein Symbol. Jeder wusste damals, was die Unterschiede in Farbe, Material und Machart zu bedeuten hatten. Die mittlere Haube, ganz in Weiß und sehr schlicht im Dekor, signalisiert zum Beispiel: Die Trägerin ist unverheiratet! Dagegen war beim Anblick eines reich mit Gold verzierten Exemplars klar, diese Frau ist bereits vergeben – „unter der Haube“ also. Hier in Westfalen bekam die Braut ihre Haube von den schon verheirateten Frauen aufgesetzt, die sie mit diesem Ritual feierlich in ihren Kreis aufnahmen. Damit war der Schritt in den nächsten großen Lebensabschnitt vollzogen: Nun bestimmten Ehe, Familie und Kinder den Tag.

Eine Haube zeigte aber nicht nur den Stand einer Frau an, sondern auch ihre Konfession. Die Goldhaube mit den dunklen Bändern gehörte einer katholischen Frau, die andere einer evangelischen. Das geben Details wie die Goldkordeln am Nacken zu erkennen: Bei der evangelischen Haube hängen sie herunter, bei der katholischen sind sie in Schlaufen gelegt. Die langen Stoffbänder band man unter dem Kinn zusammen.

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Schwarzes Brautkleid, langärmlig, ungefüttert, aus schwarzem Seidenatlas mit Tüll, Samtbändern und Spitze verziert, getragen von Johanna Hermissen, geb. Ferber zur Hochzeit in Rhynern am 4.4.1894, Leihgabe: Museum Abtei Liesborn

Brautkleid

Die Braut trägt Schwarz – das kann man sich heute kaum vorstellen. In ärmeren Familien und auf dem Land war dieser Brauch aber bis in die Fünfzigerjahre gang und gäbe. Nur in wohlhabenden Kreisen hatte sich das weiße Brautkleid im Laufe des 19. Jahrhunderts durchgesetzt.

Das schwarze Brautkleid hatte ganz praktische Gründe: Ein schwarzes Kleid konnte man nach der Hochzeit weiterverwenden: als bestes Stück im Schrank, als „Sonntagsstaat“ – für den Kirchgang, für fröhliche Feste oder für Beerdigungen. Schwarz passte immer. Nur reiche Familien konnten es sich leisten, die Braut mit einem Hochzeitskleid auszustatten, das sie nur ein einziges Mal trug.

Bei der Braut in Schwarz macht erst der obligatorische Brautschleier das Kleid zum Brautkleid. Und der war weiß, wie auf den Fotos neben der Vitrine zu sehen. Ganz allgemein sind Fotografien wichtige Zeugnisse für uns. Sie geben Aufschluss über Kleidung und Accessoires, aber auch darüber, wie man sich dem Betrachter zu bestimmten Zeiten präsentierte. Denn inszeniert sind solche Erinnerungsbilder ja alle, damals wie heute.

Das weiße Brautkleid links erzählt eine andere Geschichte: Es wurde für eine Hochzeit im Jahr 1947 angefertigt. Man behalf sich damals mit Fallschirmseide, einem Material, das eigentlich für militärische Zwecke gedacht war. Solche Weiterverwendungen waren in der Nachkriegszeit nicht ungewöhnlich.

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Kruzifix für die Totenrast mit sechs Totenschilden, Besitz der Bäcker- und Fleischhauerzunft, Lindenholz, Münsterland, um 1675, Leihgabe: LWL Museum für Kunst und Kultur

Allerseelenrast

Der tote Christus am Kreuz. Es ist ein zentrales Thema der christlichen Kunst, das wir hier sehen. Und doch ist dieses Kruzifix etwas Besonderes: Die Enden des Querbalkens knicken nach hinten ab – so passt sich das Kreuz genau der Form eines Sarges an, wie die Rekonstruktion zeigt. Das Kruzifix sollte aber nicht dauerhaft auf einem Sarg befestigt werden, sondern kam immer wieder zum Einsatz. Das belegen die Holzschilde an den Seiten, die Szenen aus der Passion Christi tragen. Auf zwei von ihnen sind „Zunftzeichen“ angebracht – also Symbole von Handwerkervereinigungen: Einmal ist es eine Brezel für die Bäckerzunft; und einmal zwei gekreuzte Äxte für die Zunft der Fleischhauer. Vermutlich stammten diese Zünfte aus Telgte. Jedes Mal, wenn eines ihrer Mitglieder starb, schmückte man den Sarg des Verstorbenen mit dem Kruzifix und den Schilden. Nach der Beerdigung wurde beides wieder abgenommen und in einer eigens angefertigten Kiste verstaut – bis zum nächsten Todesfall. Dass sich das Kruzifix und die Schilde samt der Kiste bis heute erhalten haben, ist ein seltener Glücksfall.

Die Zünfte sorgten seit dem Mittelalter dafür, dass ihre Mitglieder eine würdevolle Bestattung erhielten. Sie stellten zum Beispiel Tragen, Leuchter und Trauermäntel zur Verfügung, die Lehrlinge und Gesellen wurden als Sargträger eingesetzt. Besonders wichtig war es aber, dass man auch NACH der Beerdigung noch für den Verstorbenen sorgte, indem man für ihn betete und seiner gedachte. Das verkürzt die lange und quälende Zeit im Fegefeuer, bevor der Tote ins Himmelreich gelangt, so der katholische Glaube.

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Totenschädel, Gipsguss, Herkunft unbekannt, 1930er Jahre

Totenschädel

„Memento mori!“, „Bedenke, dass du sterblich bist!“ Kein anderes Symbol macht uns das so deutlich wie der Totenschädel. „Jetzt lebst du noch“, raunt er uns zu, „deine Augen leuchten. Aber bald nicht mehr, bald wirst du sein wie ich!“

Der Totenkopf ist seit der Antike ein Symbol der Vanitas, also der Vorstellung von der Vergänglichkeit alles Irdischen. In der Kunst erinnert der Schädel –wie auch die Sanduhr – seit jeher daran, dass die Lebenszeit eines jeden unaufhaltsam verrinnt. Einige Beispiele sehen Sie hier.

„Memento mori“ bedeutet im Christentum, dass man jederzeit bereit sein muss zu sterben – und zwar „wohlvorbereitet“ zu sterben. Das heißt: Man soll auf Erden ein gutes Leben führen und gute Werke tun, kurzum: ein guter Christ sein. Nur dann steht einem nach dem Jüngsten Gericht der Weg in den Himmel offen. Das ganze Leben ist eine Vorbereitungszeit auf den Tod. Dieser Gedanke war vor allem im Mittelalter und der Barockzeit stark ausgeprägt. Dass er die Menschen aber noch in unseren Tagen bewegt, zeigt dieser Totenschädel: Er stand auf dem Schreibtisch des katholischen Priesters Albert Coppenrath im St. Rochus-Hospital in Telgte, wo er bis 1960 seine letzten Jahre verbrachte.

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Bruderschaftslade der Lüner "Bruderschaft zur Totenlade", Eichenholz, Lünen, 1801, Leihgabe: Museum der Stadt Lünen

Bruderschaftskasse

„Todtencasse der wohllöblichen Bruderschaft in Lünnen den zweiten September 1804“, so lautet die Inschrift mit Kürzungszeichen auf dieser massiven Eichenkiste, die mit gleich zwei Schlössern gesichert ist. Denn das Geld, das man darin aufbewahrte, diente einem sehr wichtigen Zweck: Mit ihm sorgte die Bruderschaft dafür, dass ihre Mitglieder und deren Angehörige ein ordentliches Begräbnis erhielten.

Solche christlichen Begräbnis- oder Totenbruderschaften waren seit dem Mittelalter weit verbreitet. Ein gutes, ehrenvolles Begräbnis zu haben, war von großer Bedeutung. Niemand wollte in einem Massengrab verscharrt sein, wenn dereinst das Jüngste Gericht kommt. Doch nicht nur das Begräbnis wurde bereits zu Lebzeiten abgesichert. Andere Bruderschaften kümmerten sich darum, dass regelmäßig für ihre Mitbrüder gebetet wurde – sei es für einen gnädigen Tod oder für einen sicheren Übergang ins Jenseits. Denn im Moment des Sterbens, so die katholische Frömmigkeit, kämpft der Teufel noch einmal um die Seele des Menschen. Sogenannte Testatbücher oder -zettel sorgten dafür, dass rund um die Uhr gebetet wurde. Auf ihnen war genau vermerkt, welcher Bruder zu welcher Stunde beten sollte. Daher der Name „Stundenbruderschaft“. Beispiele solcher Testate sehen Sie in der Vitrine rechts.

Totenbruderschaften gibt es übrigens noch heute. In Westfalen besteht die Sankt Matthias-Bruderschaft in Dielingen bei Osnabrück seit 1654. Zwei Vorsteher und acht Sargträger kümmern sich dort um ein würdevolles Begräbnis ihrer Mitbrüder.

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Passionsgärtlein, Öl auf Leinen, Künstler unbekannt, Westfalen, 18. Jahrhundert

Passionsgärtlein

Wir blicken in einen Garten. Er ist mit Blumenbeeten bepflanzt und durch einen hohen Zaun geschützt. Zugang bietet nur das schmale, hohe Tor unten. Der Garten ist voller Personen – so scheint es zumindest, denn einige sind immer wieder dieselben. Zum einen Christus: Ihn sehen wir in verschiedenen Szenen seiner Passion. Dahinter folgt jeweils ein Engel. Er führt eine gekrönte Frau, das Sinnbild für eine christliche Seele, und zeigt ihr, welches Leid Christus für die Menschen auf sich genommen hat. Mit dem Tod Christi am Kreuz, hier in der Mitte, endet die Passion. Die gekrönte Frau, also die Seele, überreicht Christus ein geflammtes Herz, als Zeichen dafür, dass sie sich ihm ganz verschrieben hat.
Die Kartuschen in den Bildecken zeigen oben links Maria und rechts den Himmel, unten links den Tod als Gerippe und rechts den Höllenschlund – den Ort, an den die Seele auf keinen Fall gelangen soll. Dafür, so die christliche Vorstellung, kann man schon zu Lebzeiten vorsorgen – zum Beispiel durch Gebete vor Andachtsbildern wie diesem.

Der Tod ist der letzte Übergang: Wir gehen vom Diesseits ins Jenseits. Was uns dort erwartet, wissen wir nicht. Die großen Weltreligionen geben den Menschen Hoffnung darauf, dass der Tod kein endgültiges Sterben ist: Christen, Juden und Muslime glauben an die Auferstehung nach einem Jüngsten Gericht, Buddhisten und Hindus an die Wiedergeburt.

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Jahresrad, Drehscheibe mit christlichen (rot) und weltlichen (blau) Feiertagen im Jahreslauf.

"Jahresrad"

Vielen ist heute nicht mehr bewusst, dass ein Großteil der Feiertage, die uns im Laufe des Jahres arbeitsfreie Zeiten bescheren, einen religiösen Ursprung hat. Wie steht es mit Ihnen? An dieser eigens für unser Museum gefertigten Drehscheibe – einer Art „Rad der Feste und Feiertage“ – können Sie Ihr Wissen auffrischen.

Die kleinen Fähnchen markieren die Feiertage: Rot gefärbt sind die christlichen, blau die weltlichen. Einige haben feste Termine, etwa der 1. Mai, der Tag der Arbeit, oder der 24. Dezember, Heiligabend. Es gibt aber auch bewegliche Feiertage – allen voran Ostern. Das können Sie an der – ebenfalls beweglichen – zweiten Scheibe unseres Feiertag-Rads nachvollziehen. Der Termin für die Ostertage berechnet sich jedes Jahr neu, da kein eindeutiger Tag überliefert ist. Der Ostersonntag wird immer am ersten Sonntag nach dem ersten Frühjahrsvollmond gefeiert, also dem ersten Vollmond nach dem 21. März. Der Termin für Ostersonntag kann daher zwischen dem 22. März und dem 25. April liegen. So wurde es in frühchristlicher Zeit festgelegt. Wichtig ist nun, dass vom Ostertermin alle weiteren beweglichen christlichen Jahresfeste abhängen. Zum Beispiel Pfingsten, das immer genau 50 Tage nach Ostern gefeiert wird. Daher auch der Name, denn 50 heißt im Griechischen „pentecoste“.

Lassen Sie sich ruhig Zeit, die Feiertage hier spielerisch zu erkunden. Mehr zu den einzelnen Festen erfahren Sie in diesem Ausstellungsbereich.

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Narrenkappe der Telgter Karnevalsgesellschaft Schwarz-Gold Telgte, gelbe Seide mit appliziertem Dekor aus Messingdrähten, aus von Messing umwirtekem Garn und Pailletten, an der Sitrnseite das Telgter Wappen aufgenäht, an zwei Spitzen der Kappe eine Messingschelle sowie eine Troddel, Telgte,1970er Jahre

Narrenkappe

Eine Narrenkappe: Im Mittelalter trug sie der Hofnarr, der Spaßmacher. Er war der Einzige, der sich auch mal danebenbenehmen durfte. Das gleiche gilt im Grunde noch heute: Wer diese Kappe trägt, hat die sprichwörtliche Narrenfreiheit – zumindest in der Karnevalszeit, die immer am 11. November beginnt und mit Aschermittwoch endet.

Seit dem Mittelalter durften sich die Christen im Karneval noch einmal richtig austoben, bevor am Aschermittwoch die Fastenzeit begann. Dann sollten die Gläubigen 40 Tage lang, bis zum Osterfest, an allen Werktagen auf Fleisch, Eier, Milch und Käse verzichten; die Sonntage waren fastenfrei. Daher kommt wohl auch der Name, denn das lateinische „Carne vale“ heißt „Fleisch, lebe wohl!“. In manchen Regionen wird die „närrische Zeit“ Fastnacht genannt, hier steckt das Wort Fasten mit drin. Und der süddeutsche „Fasching“ geht vermutlich auf das mittelalterliche vaschang zurück, was soviel heißt wie „der letzte Ausschank“. Denn Alkohol war natürlich auch tabu. Heute ist das Fasten oft eine individuelle Entscheidung. Viele – nicht nur gläubige Christen – verzichten in diesen Wochen auf etwas, das ihnen sonst lieb ist: Bei manchen sind es Gummibärchen und Schokolode, bei anderen Zigaretten oder Computerspiele.

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Passionskasten zur Wandaufhängung, Holz, Glas, Münsterland, um 1800

Passionskasten

Dieser Passionskasten ist ein außergewöhnliches Stück tiefer Volksfrömmigkeit. Die zentrale Figur ist der tote Christus am Kreuz. Seine Wundmale bluten. Unten stehen drei Personen; sie trauern, die Hände ineinandergelegt: Links Maria und Johannes, rechts Nikodemus, der Christus mit vom Kreuz nehmen wird.

Zu beiden Seiten des Kreuzes sind wie auf kleinen Regalen die Arma Christi aufgestellt, die Leidenswerkzeuge. Links etwa Hammer und Zange für die Kreuznägel und die Geißel, mit der Christus geschlagen wurde. Die Nägel selbst sieht man rechts, neben dem Werkzeug, mit dem man das Holz vorbohrt. Oben rechts hängt das Gewand Christi, um das die Soldaten bei seiner Kreuzigung gespielt haben. Ihre Würfel liegen noch unter dem Kreuz. Das Tuch links ist das sogenannte Schweißtuch der Veronika. Sie reichte Christus auf dem Weg zur Kreuzigung ein Tuch, mit dem er Schweiß und Blut trocknen konnte. Der Abdruck seines Gesichts soll auf dem Tuch zurückgeblieben sein.

Hier hat sich jemand viel Mühe gegeben, das Leiden Christi bis ins kleinste Detail vor Augen zu führen: sehr plastisch – und in gewisser Weise auch drastisch. Denn genau das war der Zweck des Passionskastens: Vor ihm versenkte man sich ins Gebet und gedachte der Leiden Christi, die er – so die christliche Theologie – auf sich nahm, um die Menschheit zu erlösen.

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Ostereier mit traditionellen Dekoren aus der Sammlung Barbara Kruhöfer, verschiedene Länder, 1970-2000

Ostereier

So viele Ostereier –eins filigraner als das andere verziert! Sie kommen aus ganz Europa: von Russland bis Südtirol, von Kreta bis Großbritannien. Das Osterei gibt es überall, wo Christen das Osterfest feiern. Seit Jahrhunderten durchstöbern Kinder am Ostersonntag aufgeregt Haus und Garten, um Ostereier zu suchen. Und wer hat die Eier versteckt? Der Osterhase! Von ihm hören wir zum ersten Mal im Jahr 1682, und das ausgerechnet in einer medizinischen Abhandlung, die vor dem übermäßigen Verzehr von Eiern warnt.

Das Ei und der Hase prägen das christliche Osterbrauchtum noch heute – in allen verlockenden Varianten der Süßwarenindustrie. Was hinter diesen Symbolen steckt, ist dabei fast in Vergessenheit geraten.

Ostern ist das wichtigste Fest des Kirchenjahres: Am Ostersonntag feiern die Gläubigen die Auferstehung Christi von den Toten. Das Ei ist ein Sinnbild dafür, denn aus der harten, kalten Schale schlüpft neues Leben. Auch der Hase gilt seit der Antike als Symbol für Fruchtbarkeit und Wiedergeburt, vermehrt er sich doch geradezu sprichwörtlich. Bevor der Osterhase das Verstecken der Eier übernahm, erledigten übrigens andere Tiere diese Aufgabe: In der Schweiz brachte der Kuckuck die Eier, in Thüringen der Storch und hier, in manchen Teilen Westfalens, war es der Osterfuchs.

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Familienweihnacht, Bescherung in einer gutsituierten bürgerlichen Familie, Papier, kolorierte Lithographie, Deutschland, um 1870

Familienweihnacht

Ein Blick ins Wohnzimmer einer gut situierten Familie. Es ist Weihnachten, genauer gesagt „Heiligabend“, der 24. Dezember, der Baum festlich geschmückt, die Kerzen brennen. Darunter liegen Geschenke, mit einigen spielen die fein herausgeputzten Kinder schon. Links zum Beispiel, da sitzt einer der Jungen stolz auf seinem neuen Schaukelpferd. Die Bescherung ist also vorbei. Vorher hat die Familie gemeinsam Weihnachtslieder gesungen, die Notenblätter stehen noch auf dem Klavier. Der Vater schaut wohlwollend auf seine Kinderschar, die Mutter hält fürsorglich das Jüngste im Arm. Alle sind glücklich. Das Familienidyll ist perfekt.

Und genau darum geht es hier: Die Lithographie entstand gegen 1870, zu einer Zeit, als es Weihnachten als Familienfest noch gar nicht so lange gab. Das Bild erscheint wie eine Anleitung, die einem sagt: So soll es aussehen an Heiligabend im trauten Heim. Noch wenige Jahrzehnte zuvor war Weihnachten ein reines Kirchenfest, das man nur in der Kirche, also im Gottesdienst gefeiert hat. Und das auch nicht am 24., sondern am 25. Dezember: An diesem Tag feiern die Christen traditionell den Geburtstag Jesu, des Gottessohns. Zum familiären Ereignis wird Weihnachten erst, als sich das Bürgertum ab etwa 1800 etabliert. Nun entwickelt sich das „Fest der Liebe“ zum Symbol für die Werte, über die sich die bürgerliche Gesellschaft definiert: die Privatsphäre, die Familie und ganz besonders über die hohe persönliche Wertigkeit jedes einzelnen Menschen. Der religiöse Aspekt von Weihnachten rückt dabei zunehmend in den Hintergrund.

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Knubbenkrippe, Eichener Baumstumpf mit geschnitzten Szenen der Herbergssuche, Geburt Christi und Flucht nach Ägypten, Josef Grasedieck, Feldhausen, 1962

Knubbenkrippe

Ein knorrige alte Eichenwurzel, ein Knubben, dient der heiligen Familie als Unterschlupf. Die „Knubbenkrippe“ vereint drei Szenen der Weihnachtsgeschichte: Rechts sehen Sie die hochschwangere Maria mit Josef auf der Suche nach einer Herberge. In der Mitte ist die Geburt Jesu im Stall von Bethlehem dargestellt. Und links flieht die heilige Familie nach Ägypten, damit Jesus dem Kindermord des Königs Herodes entgeht.

Wie das Weihnachtsfest selbst, gab es Krippen ursprünglich nur im Kirchenraum, nicht im privaten Heim. Erst als sich Weihnachten im 19. Jahrhundert zu einem Familienfest entwickelt, zieht die Krippe ins Wohnzimmer ein – und wird zum Glanzstück unter dem Weihnachtsbaum.

Die Knubbenkrippe ist ein Werk von Josef Grasedieck, einem Gärtner, der sein Leben lang leidenschaftlich Krippen geschnitzt hat. Zwei weitere Stücke von ihm finden Sie etwas weiter vorne an dieser Wand. Besonders bewegend ist die Geschichte, die der Eichenbalken auf dem Sockel erzählt: Als Josef Grasedieck dieses Relief 2006 schuf, war er bereits 84 Jahre alt – und fast blind. Doch gerade die grobe, archaisch anmutende Struktur verleiht dem Werk eine unglaubliche Kraft. Das spüren Sie auch, wenn Sie die Augen schließen und Ihre Finger über das Holz gleiten lassen. Denn bei diesem Stück gilt: Anfassen erlaubt!

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Einbaumkrippe, Ebenholz, geschnitzt, poliert, hergestellt von einem Bildschnitzer Edward Nangundu, Tansania, ca. 1974

Einbaumkrippe

Sie zählt zu den ungewöhnlichsten Exemplaren unserer großen Krippensammlung – und zu den eindrucksvollsten: die „Einbaum-Krippe“ aus Tansania. Ein Bildschnitzer der Makonde – das Volk ist berühmt für seine Schnitzkunst – hat die Geburt Jesu hier kraftvoll aus einem Stück Ebenholz herausgearbeitet. Die Szene findet nicht in einem Stall oder einer Höhle statt, wie sonst üblich, sondern in einem Boot, dem Einbaum. Das Jesuskind, winzig klein, liegt allein in der Mitte, auf Reisig gebettet. Weitere Figuren sind wie Ruderer zu beiden Seiten aufgereiht: Maria sitzt ihrem Sohn direkt gegenüber. Sie hat das Gewand über den Kopf gezogen. Neben ihr huldigen Josef und die Hirten dem Kind, gegenüber frohlocken Engel mit spitzen Flügeln. Auch an die Tiere und den Stern mit seinem langen Schweif hat der Schnitzer gedacht.

Die Einbaum-Krippe hat also alles, was eine Krippe braucht – und ist doch ganz anders. Das ist typisch für Krippen aus jenen Ländern der Welt, in denen europäische Missionare den christlichen Glauben verbreiten: sei es in Afrika, wie hier, in Asien oder Lateinamerika. Dort orientiert sich die Darstellung der biblischen Figuren, ihre Gesichter, Frisuren und Kleidung, an der traditionellen Formensprache des jeweiligen Landes. Wenn Sie sich im Raum umschauen, finden Sie weitere außergewöhnliche Beispiele dafür.

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Krakauer "Szopka", Krippe in Form einer Kathedrale, hoch aufgebaute Haus- und Turmkulisse aus einem Holzgerüst und Pappeverkleidung, mit Stanniolpapier in Silber, Gold, Kupfer, Grün und Blau beklebt, in einigen Fenstern minimierte Aquarelle auf Transparentpapier, in anderen Buntpapier, Krakau / Polen, 1969

Krakauer Szopka

Wie ein Märchenschloss, so prächtig steht die Krippe hier vor uns, mit ihren glitzernden Säulen, Türmen und Fähnchen. Doch schaut man genauer hin, entdeckt man unten, in einer Vorhalle, kleine Papierfiguren, die die Geburt Jesu darstellen. Es ist eine typische Krakauer „Szopka“, so der polnische Name für Krippe, in Form einer Kathedrale.

Dass man sich hier an ein Puppentheater erinnert fühlt, kommt nicht von Ungefähr: Im 19. Jahrhundert begannen Krakauer Maurer, in den Wintermonaten Krippen zu basteln, da sie in der kalten Jahreszeit keine Arbeit hatten. Sie fertigten ihre Krippen aus leichten Materialien wie Pappe, verkleideten sie mit Stanniolpapier und zogen damit von Haus zu Haus. Mit beweglichen Figuren spielten sie die Weihnachtsgeschichte nach, um sich so ein Zubrot zu verdienen. Mit der Zeit wurden die Krippen immer aufwendiger und größer, so dass sich ein regelrechter Wettbewerb um die schönste „Szopka“ entwickelte. Seit 1937 präsentieren die passionierten Krippenbauer jedes Jahr im Dezember ihre Meisterwerke auf dem Marktplatz von Krakau. Die schönsten Krippen werden gekürt und anschließend ausgestellt. Heute kann übrigens jeder bei dem berühmten Wettbewerb mitmachen, nicht nur Maurer. Die einzige Bedingung ist, dass man sich an die traditionelle Machart hält, wie sie dieses Beispiel von 1969 in Reinform zeigt.

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Krippe aus der Kirche St. Dionysius, Köpfe und Händes aus Wachs, Kleidung in der Mode der Zeit (Biedermeier), neben den üblichen Figuren gibt es auch einen Mohel, der den Jesusknaben am 8. Tag nach der Geburt beschnitten hat, Recke, um 1840

Historische Kirchenkrippen

Alle Krippen in diesem Raum sind „Kirchenkrippen“, das heißt, sie waren für die Aufstellung in einer Kirche gedacht. Die Figuren sind entsprechend groß. Die Exemplare auf dem zentralen Podest folgen dem Ablauf der Weihnachtsgeschichte. Den Anfang macht die Verkündigung der Geburt Jesu an Maria gleich hier an der Ecke, dann geht es rechterhand weiter.

Für viele Menschen gehört die Krippe zu Weihnachten wie der Tannenbaum, die Lieder, die Gans. Und tatsächlich ist die Krippe eine unserer ältesten weihnachtlichen Traditionen: Die ersten Krippen entstanden bereits im 16. Jahrhundert, im Zeitalter der Gegenreformation, als vor allem die Jesuiten den katholischen Glauben festigen wollten. Krippen sollten den Menschen, die nicht lesen konnten, die Geschichten der Bibel lebendig vor Augen führen. Daher umfasste das Repertoire der frühen Krippen nicht nur die Weihnachtsgeschichte, sondern auch andere Ereignisse aus den Evangelien. Ihr Ursprung liegt also in der Kirche – und bis ins 19. Jahrhundert war eine Krippe auch nur dort zu sehen, und nicht im privaten Zuhause.

Wenn Sie um das Podest herumgehen, achten Sie bitte auf die Krippenfiguren an der Schmalseite: Sie gehören mit rund 200 Jahren zu unseren ältesten und wertvollsten Stücken. Dass sich die Figuren erhalten haben, ist ein seltener Glücksfall: Die Körper sind nämlich, wie früher üblich, aus Wachs geformt, einem äußerst empfindlichen Material.

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Reliquienkasten mit Fatschenkind, Reliquien von Heiligen und geweihten Agnus-Die-Medaillons und Jesuskind, Kasten aus Holz, Glas, Jesuskind aus Wachs, Palästina, 1756 und Westfalen, 18. Jahrhundert

Reliquienkasten mit Fatschenkind und Authentik

Wem dieser Kasten einmal gehört hat, wissen wir nicht – aber der Besitzer dürfte sich gut beschützt gefühlt haben. Hinter Glas sind hier drei Arten von Heilsbringern verwahrt: zum einen echte Reliquien von christlichen Heiligen, alle kostbar in kleinen Säckchen verpackt. Zum anderen – unten – eine Berührungsreliquie: die Wachsnachbildung des Jesuskindes. Eine lateinische Urkunde aus dem Jahr 1756 – hier links – beglaubigt, dass die kleine Figur genau die Stelle in der Geburtsgrotte in Bethlehem berührt hat, an der die Krippe Jesu gestanden haben soll. Dadurch, so die katholische Vorstellung, verbindet die Puppe jeden, der sie berührt, mit dieser heiligen Stätte. Die ovalen Wachsmedaillons schließlich, die ein „Lamm Gottes“ abbilden, hat damals der Papst höchstpersönlich geweiht.

Was uns an diesem außergewöhnlichen Stück besonders interessiert, ist die Jesuspuppe: ein sogenanntes Fatschenkind. Seinen Namen hat es von den Bändern, den Fatschen, mit denen solche Nachbildungen Jesu in der Regel umwickelt sind. Ein typisches Beispiel sehen Sie rechts in der unteren Vitrine. Eine spezielle Tradition mit solchen Puppen war das „Kindleinwiegen“, das es bereits im Mittelalter in Frauenklöstern gab. Die Nonnen haben die Jesuspuppen in der Weihnachtszeit wie echte Säuglinge gewickelt und im Arm gehalten. Sie spielten also ein Stück aus dem Leben Jesu nach. Daher zählt das Kindleinwiegen zu den direkten Vorläufern der Krippen. Denn auch die Krippen erzählen biblische Geschichten – zwar statisch, aber doch mit lebensecht geformten Figuren.

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"Die Kirche im Dorf lassen" - Westfalen als Glaubenslandschaft ist das Thema in diesem Ausstellungsraum

"Kirche im Dorf"

Westfalen als Glaubenslandschaft ist das Thema in diesem Ausstellungsbereich. Der Fokus liegt dabei – im übertragenen Sinn – auf der „Kirche im Dorf“, die wir symbolisch auf die Landkarte Westfalens gestellt haben. Wir fragen also: Wie haben Glaube und Religion die Menschen, ihr Umfeld und damit die Geschichte Westfalens geprägt? Und was davon ist bis heute geblieben?

Die historische Landschaft Westfalen war viel größer als der heutige Teil des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Westfalen bestand aus vielen kleinen und größeren Territorien, die nicht nur politisch, sondern auch konfessionell eigene Wege gingen. Nach dem Leitspruch „cuius regio, eius religio“ konnte der Landesherr die Konfession, das religiöse Bekenntnis seiner Untertanen bestimmen. So blieben einige Regionen nach der Reformation katholisch, andere wurden evangelisch-lutherisch oder evangelisch-reformiert. Das hatte großen Einfluss auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der jeweiligen Gebiete. Die verschiedenen Bekenntnisse haben ihre Spuren hinterlassen, und die sind noch bis heute erkennbar – auch wenn die konfessionellen Grenzen zunehmend verschwimmen.

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Hofbalken mit Inschrift, Eiche, Inschrift mit Flachschnitzerei, ältere Farbfassug (grau / schwarz), Rose und Stern als lippisches Landeswappen auf den Kopfbändern, Blomberg-Großenmarpe, 1693

Hofbalken mit Inschrift

Dieser mächtige Torbalken bildete ursprünglich die Einfahrt in die „Deele“ eines Bauernhauses im lippischen Blomberg. Was dort in großen Lettern geschrieben steht, sind die ersten Worte des lutherischen Kirchenlieds „Wer Gott vertraut hat wohl gebaut“ und der Psalmspruch „Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit“. Die Hausbewohner offenbaren damit stolz ihre evangelische Konfession und erbitten göttlichen Schutz für Haus und Hof. Es ist hier allein das Wort, das den Zugang zu Gott vermittelt – kein Bild, kein Heiliger wie im katholischen Brauch üblich. Diese Fokussierung auf die Bibel, auf das Wort allein, ist typisch für die protestantische Kirche, in der die Predigt die zentrale Rolle spielt.

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Paariges Reliquiar in barocker Monstranzform, Klosterarbeit aus verziertem Eichenholz, verglast, Reliquien auf Seidenbett, verziert mit Silberdraht, Pailletten, Flitter und Spiegel, aus der Kapelle von Haus Stapel, Havixbeck, Ende 17. / Anfang 18. Jahrhundert

Reliquiare

Reliquien und Bilder von Christus, Maria und den Heiligen – beides ist charakteristisch für die katholische Religion, die bildhafter ist als der protestantische Glaube. Die Vergegenwärtigung heiliger Personen durch gemalte Bilder oder Skulpturen spielt in der katholischen Frömmigkeit eine zentrale Rolle, da über das Bild häufig die Kommunikation mit Gott erfolgt – zum Beispiel beim Gebet vor einem Gnadenbild, wie der „Schmerzhaften Mutter“ in der Wallfahrtskapelle nebenan.

Für den Menschen auf Erden ist Gott zwar nicht sichtbar, aber er hat, so die christliche Vorstellung, in seinem Sohn Jesus Christus menschliche Gestalt angenommen. Bilder Christi erinnern die Gläubigen an dessen Leben und Wirken und damit auch an Gott. Zugleich geben die Bilder eine Vorausschau auf das, was sich die Menschen für das jenseitige Leben erhoffen: Gottvater von Angesicht zu Angesicht gegenüber zu stehen. Auch die Reliquien verstorbener Heiliger oder die Gefäße, in denen sie aufbewahrt werden, haben eine solche erinnernde oder vorausblickende Funktion. Mehr als abstrakte Worte leiten die Bilder im katholischen Gebrauch die Gläubigen also zur Erschließung ihrer inneren religiösen Bilderwelt an.

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Kreuzigungsgruppe mit der Heiligen Magdalena und dem Heiligen Antonius. Sie stand ursprünglich in der Kapelle des Telgter Armenhospitals, die unter anderem Antonius geweiht war. Eiche, farbig gefasst, vermtl. Westfalen, 1385-1400

Kreuzigungsgruppe mit hl. Antonius

Antonius der Große, hier rechts, ist einer der beliebtesten Heiligen des traditionell katholischen Münsterlandes. Die Kreuzigungsgruppe stand ursprünglich in der Kapelle des Telgter Armenhospitals, die unter anderem Antonius geweiht war. Nach ihm wurden die Insassen des Armenhauses auch die „Antoniusarmen“ genannt.

Wie jeder katholische Heilige hat Antonius eine besondere Funktion: Dass er Schutzpatron der Armen ist, liegt an seiner Geschichte: Antonius wird um das Jahr 250 in Ägypten geboren. Er stammt aus reichem Haus, verschenkt aber alles, was er besitzt an die Armen und lebt als Einsiedler in der Wüste. Dort kämpft er der Legende nach mit Dämonen, die wie Schweine aussehen. Daher begleitet ihn als typisches Attribut ein Schwein, so wie hier – und Antonius wird dadurch zum Lieblingsheiligen der Viehzüchter und Bauern. Im Münsterland heißt Antonius daher auch „Schwienetüns“.

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Geleitbrief, Faksimile, Original aus Pergament mit Resten eines ehemaligen Siegels, Raesfeld, 8. März 1685; Original: LAV NRW W, Fürstbistum Münster, Landesarchriv, Urkunden Nr. 4741 a

Geleitbrief

Dieses Schriftstück zeichnet ein vielsagendes Bild vom Leben der Juden im historischen Westfalen. Die jüdische Geschichte verlief hier ähnlich wechselhaft wie andernorts in Europa: Mal waren die Juden als Andersgläubige in einem rein christlichen Umfeld geduldet, dann wieder hat man sie ausgegrenzt oder verfolgt.

Diesen Geleitbrief hat der Graf von Raesfeld im Jahr 1685 ausgestellt. Er gestattet darin dem Juden Joseph Burgel, sich in seinem Herrschaftsgebiet niederzulassen und Handel zu treiben. Ohne diese Erlaubnis hätte Burgel das nicht gedurft. Die Juden besaßen zu dieser Zeit keinerlei Bürgerrechte und waren ganz auf das Wohlwollen der Landesherren angewiesen. Und die ließen sich das teuer bezahlen – durch Schutzgeld und Naturalien. Im Fall von Burgel, einem Metzger, heißt das :

„Für das Aufenthaltsrecht soll der Jude jährlich vier Reichstaler zahlen und eine fette Gans und alle Ochsen- und Rinderzungen der von ihm geschlachteten Tiere abliefern.“

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Heiliger Liborius, Lindenholz, geschnitzt, farbig gefasst, aus dem Nachlass des Paderborner Prälaten Franz Wüstefeld (1913-2006), Oberbayern, 1. Hälfte 18. Jahrhundert, Leihgabe: Erzbischöfliches Diözesanmuseum Paderborn

Heiliger Liborius

Der heilige Liborius ist der Schutzpatron des Paderborner Lands, des traditionell katholischen Gebiets im Osten Westfalens. Seine Reliquien kamen im Jahr 836 in das noch junge, von Karl dem Großen gegründete Bistum Paderborn. Der damalige Bischof Badurad hoffte, dass die wundertätigen Gebeine des Heiligen den Glauben der Menschen stärken würden. Seine Hoffnung hat sich erfüllt: Noch heute wird Liborius im Paderborner Land hoch verehrt und regelmäßig gefeiert: Immer im Juli begeht ganz Paderborn „Libori“, eines der ältesten und größten Volksfeste Deutschlands. Und das ist nur eines von mehreren Liboriusfesten im Jahr.

Liborius lebte im 4. Jahrhundert und war Bischof im französischen Le Mans. Daher trägt er die bischöfliche Tracht, mit Krummstab und Mitra. Sein typisches Attribut sind die Steine, die er hier auf der Bibel balanciert – denn Liborius gilt als spezieller Helfer bei Nieren-, Blasen- und Gallensteinen.

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Osterlüchte, Bleiverglasung durch den Attendorner Blechschläger Anton Bischoff, Attendorn, 1808, Leihgabe: Privatbesitz

Osterlüchte

Im Osterbrauchtum der Stadt Attendorn spielen vier Osterlüchten eine Rolle, von denen wir hier eine zeigen. Vorne ist das Lamm Gottes zu sehen, hinten ein flammendes Herz und die Datierung „Anno 1808“. Attendorn liegt im Sauerland, einer traditionell katholisch geprägten Region im Süden Westfalens, in der zahlreiche christliche Traditionen bis heute sorgfältig gepflegt werden. In Attendorn begeht man vor allem die Osterbräuche mit großer Dramatik. Los geht es am Gründonnerstag, wenn am Abend die Glocken verstummen. Am Karfreitag werden auf einem Nachtwächterhorn die Stunden geblasen und die Kinder laufen mit Ratschen um die Kirche. Am Karsamstag folgt der Semmelsegen, bei dem der Pfarrer die typischen Osterbrote segnet. Nun werden auch die Bäume für die Osterkreuze gefällt und auf den Marktplatz gebracht, wo die Osterfeuervereine der Stadt um den längsten und dicksten Baumstamm wetteifern. Am Ostersonntag werden die Baumstämme nachmittags an den Feuerplätzen vor den vier Stadttoren als Osterkreuze aufgerichtet. Um neun Uhr abends beginnen die Kirchturmglocken zu läuten – als Zeichen dafür, dass nun die Osterfeuer mit der Osterkerze entzündet werden. Dann bildet sich an jedem Stadttor eine Prozession, um von dort zur Pfarrkirche zu ziehen. Jeder Prozession wird eine Lüchte vorangetragen. Dazu wird das Lied „Das Grab ist leer, der Held erwacht“ gesungen. Die Feier endet mit der Osterabendandacht in der Kirche.

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Diakonissentracht mit Pellerine und Haube, Baumwolle, Bielefeld, Mitte 20. Jahrhundert

Diakonissentracht

Es ist die typische Tracht einer evangelischen Diakonisse: ein dunkles Kleid und eine weiße Haube, schlicht und bescheiden. Diakonissen sind Frauen, die nicht heiraten, in Schwesterngemeinschaften zusammenleben und in der Diakonie tätig sind, zum Beispiel in der Kinder-, Alten- und Krankenpflege. Im traditionell evangelisch geprägten Minden-Ravensberg, im Nordosten Westfalens, entsteht die Diakonie – wie auch andernorts in Deutschland – im 19. Jahrhundert im Zusammenhang mit der Industrialisierung: Die Hoffnung auf Lohn und Brot lockt die Menschen damals vom Land in die Stadt, doch auch dort leben die Fabrikarbeiter oft in bitterer Armut. Da die dörfliche Familienstruktur in den Städten fehlt, entstehen diakonische Einrichtungen wie Waisenhäuser und Krankenanstalten.

Minden-Ravensberg ist bis heute durch eine intensiv gelebte Frömmigkeit der Menschen geprägt – und die Diakonie zählt dort noch immer zu den größten Arbeitgebern der Region.

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Missionsspardose, abfällig "Nickneger" genannt, Keramik, Glandorf, Mitte 20. Jahrhundert, Leihgabe: Stadtmuseum Gütersloh

Missionsspardose

Der Missionar Walter Moritz

Missionsspardose

Diese Spardose mutet heute doch eher skurril an: Wirft man eine Münze durch den Schlitz im Schoß des schwarzen Jungen, nickt der zum Dank brav mit dem Kopf. Getreu dem Motto „Gedenket der Heidenmission“ sammelte die evangelische Kirche mit den sogenannten Nicknegern bis in die 1960er-Jahre Geld für Schulen, Krankenhäuser und diakonische Einrichtungen in Afrika. In katholischen Kirchen stand der Nickneger in der Weihnachtszeit häufig vor der Krippe. Mittlerweile hat sich das Missionsverständnis deutlich geändert: Heute stehen der Leitsatz „Hilfe zur Selbsthilfe“ und Partnerschaft im Zentrum.

Die Mission prägt das kirchliche Leben im traditionell evangelischen Minden-Ravensberg seit dem 19. Jahrhundert.

 

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Berleburger Bibel, Die Heilige Schrift Altes und Neues Testaments / Nach den Grund-Text aufs neue übersehen und übersetzet: Nebst Einiger Erklärungen des buchstäblichen Sinnes (…), Buchdruck, Berleburg, 1726

Berleburger Bibel

Kommentar zur Berleburger Bibel

Berleburger Bibel

Acht dicke Bände – und doch ein einziges Buch: die Bibel. Sie sehen ein Exemplar der sogenannten Berleburger Bibel, die zwischen 1726 und 42 in Berleburg gedruckt wurde, einem Ort in der Region Wittgenstein, im Süden Westfalens. Was diese Bibel so umfangreich macht ist der Kommentar: Jeder Satz des Alten und Neuen Testaments wird ausführlich erklärt. Keine Frage soll offen bleiben, so wollte es Graf Casimir zu Sayn-Wittgenstein, an dessen Hof die Berleburger Bibel entstand. Wittgenstein war damals eine Hochburg des radikalen Pietismus, einer stark emotional geprägten Form evangelischer Frömmigkeit. Schon die Mutter Casimirs, die Gräfin Hedwig Sophie, scharte die bekanntesten Pietisten ihrer Zeit um sich – auch solche, die andernorts als zu fanatisch galten. Damals fanden in Wittgenstein aufsehenerregende ekstatische Gebetsversammlungen statt. Ein Porträt der frommen Gräfin hängt hier auf der Rückseite.

Kommentar zur Berleburger Bibel

In der alttestamentlichen Geschichte des Sündenfalls verführt die Schlange Eva dazu, vom verbotenen Baum der Erkenntnis zu essen. Der Kommentar zur Schlange erklärt, wie es dazu kommen konnte:

„Die Mahler und Kupfferstecher bilden sie insgemein ohne Füsse ab, da sie doch erst nach dem Fall Adams auf dem Bauch zu gehen verurtheilt worden und also in der Schöpffung Füsse gehabt haben und in einem ganz andern Zustand gewesen seyn muß als nunmehro die Thiere dieses Namens sind: wie das Urtheil Gottes  über sie genugsam zu erkennen gibt. Und zwar so merket Scaliger an, daß es noch heutigen Tages in der Landschaft Calicut geflügelte und vierfüssige gebe. Doch sind einige, die gar dafür halten, daß die Schlange als das schönste und anmuthigste unter allen Thieren der menschlichen Natur an Gestallt fast gleich gewesen, Hände und Füsse gehabt, aufrecht gegangen und geredet wie die Menschen; weil Gott sie vor allen andern Thieren zu des Menschen Lust erschaffen. Dahero sey eben die Familiarität gekommen zwischen Eva und der Schlangen.“

 

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Bänke aus dem evangelischen Gemeinschaftshaus Mausbach. Sie besitzen an der Rückenlehne ein Fach für das Gesangbuch und eine Klappe, die nach den Bibelstunden zum gemeinsamen Kaffeetrinken aufgeklappt werden konnte. Siegerland, Nadelholz , gebeizt, Anfang 20. Jahrhundert.

Bank aus dem Gemeinschaftshaus Mausbach

Die beiden Bänke aus dem Siegerland sind typisch für die Region ganz im Süden Westfalens. Wie Sie hier und auf den Fotos gut erkennen können, dienen die Bänke einem doppelten Zweck: Man sitzt auf ihnen zur Bibelstunde zusammen und auch anschließend bei Kaffee und Kuchen. Solche Bänke stehen üblicherweise im Gemeinschaftshaus, nicht in der Kirche. Nahezu jeder Ort im Siegerland hat so ein Haus, in dem sich die Gläubigen treffen, um gemeinsam aus der Bibel zu lesen oder zu singen und zu beten. Diese Gemeinschaftsbewegung entwickelte sich im 19. Jahrhundert aus einer tiefen, pietistisch-reformierten Frömmigkeit heraus. Bis heute finden die Gemeinschaftstreffen zusätzlich zum regulären sonntäglichen Gottesdienst statt und zeugen vom hohen religiösen Bedürfnis der Menschen im Siegerland.

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Alexander Zeiss (1861-1938) gründete eine christliche Zieglergewerkschaft, den Zieglerwerkverein Lippe. Auch als Abgeordneter des lippischen Landtages setze er sich besonders für die Rechte der lippischen Wanderziegler ein. Reproduktion aus: Museumsführer Ziegelei Lage

Alexander Zeiss

Bericht über Predigtreisen 1898-1901 von Alexander Zeiss

Alexander Zeiss

Auf dem Foto ist er der Zweite von links: Alexander Zeiss, der tatkräftige „Zieglerpfarrer“ aus dem traditionell evangelisch-reformierten Lipperland. Darüber sehen Sie ihn am Schreibtisch in seine Arbeit vertieft.

Doch was hat ein Pastor mit Ziegeln zu tun? Im historischen Lippe, einem kleinen Fürstentum, gab es nicht genügend Arbeit und Auskommen. Im 19. Jahrhundert ist die Armut besonders groß. Etwa 40 Prozent der lippischen Männer arbeiten daher als Saisonarbeiter den Sommer über fern ihrer Heimat in Ziegeleien. Doch dort, wo sie Arbeit finden, gibt es oft keine reformierten Gottesdienste. Daher schickt man von Lippe aus eigens Reiseprediger, um die Seelsorge der Wanderziegler in der Fremde sicherzustellen. Organisiert werden die Predigtreisen von der „Kommission für geistliche Zieglerpflege“ – und deren Vorsitzender ist Alexander Zeiss.

Bericht über Predigtreisen 1898-1901 von Alexander Zeiss

In seinem „Bericht über die Predigtreisen in die Ziegelei-Gebiete in den Jahren 1898-1901“ erzählt Pastor Zeiss von 10 Predigtreisen in 6 Bezirke. Er beschreibt darin auch, warum gerade Westfalen für die Prediger aus Lippe besonders wichtig war:

„Im rheinisch-westfälischen Gebiet liegen die Ziegeleien im allgemeinen dicht gedrängt und wenig zerstreut und sind bei den vortrefflichen Bahnverbindungen für den Reiseprediger leicht erreichbar. Es wird also in kurzer Zeit eine sehr große Anzahl seelsorgerlich erreicht. In den Regierungsbezirken Arnsberg und Münster wurden rund 3000 Lipper neben 7000 Nicht-Lippern gezählt.“

Was die besonderen Probleme der Ziegler fern der Heimat angeht, sagt Zeiss:

„Unter den sittlichen Gefahren ist zweifellos diejenige der Unmäßigkeit und Trunkenheit am gefährlichsten auf den Ziegeleien, und hierauf ist überall die Thätigkeit bei der Reisepredigt und in der Heimat vor allem gerichtet. Manches lässt hoffen, daß die Thätigkeit auch in dieser Beziehung nicht vergebens ist. Wesentlich unterstützt werden alle diese Bestrebungen durch das „Ziegler-Sonntagsblatt“.“

Eine Kopie des Titelblatts sehen Sie hier unter dem Foto von Zeiss.
Zeiss betont zwar die großen Erfolge der Predigtreisen, gibt aber auch zu, dass die Wanderziegler trotz aller Mühe fern der Heimat nicht gerade freigebiger werden:

„Bei 4 Reisen ist der Versuch gemacht worden, nach den Gottesdiensten Kollekten zu halten. Der Gedanke ist auch stets willig aufgenommen worden, die Erträge waren aber verhältnismäßig gering. Der Sinn, daß Geben seliger als Nehmen ist, ist vorläufig bei unseren Zieglern noch geringer als in unseren anderen ländlichen Ständen.“


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Fahne der "Bruderschaft des lebendigen Rosenkranzes der Polen und Polinnen Wanne Eickel im Jahr 1901", Seidenmalerei um 1900, datiert Wanne-Eickel 1901, Fahnenstoff um 1930.

Fahne der sogenannten Ruhrpolen

Die Fahne zeigt in Seidenmalerei den betenden Christus am Ölberg und darunter die polnische Inschrift „Bruderschaft des lebendigen Rosenkranzes der Polen und Polinnen Wanne Eickel im Jahr 1901“. Wanne-Eickel liegt im Ruhrgebiet, das im 19. Jahrhundert noch „rheinisch-westfälisches Industriegebiet“ hieß. Der Name war Programm: Die Industrie entwickelte sich dort so rasch, dass die einheimischen Arbeitskräfte nicht mehr ausreichten. Die Unternehmer mussten auswärtige Arbeiter anwerben, darunter besonders viele Polen. Polen als eigener Staat existierte damals nicht, das Land war aufgeteilt zwischen Preußen, Russland und Österreich. Umso intensiver organisierten sich die Männer und Frauen fern der Heimat in Vereinen, um ihre Sprache, ihre Traditionen und ihren tief verwurzelten katholischen Glauben zu leben und zu pflegen. Von den staatlichen Behörden wurden Vereine wie die „Rosenkranzbruderschaften“ sehr kritisch beäugt: Man verdächtigte sie, unter dem kirchlichen Deckmantel politisch für ein freies Polen einzutreten.

Auch aus anderen Ländern zogen damals Arbeiter und ihre Familien ins Ruhrgebiet. Bis heute ist die Region durch das Nebeneinander verschiedener Nationalitäten, Religionen und Konfessionen geprägt.

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Das fast 400 Jahre alte Telgter Hungertuch, eines der bedeutendsten Fastentücher in Deutschland, Leinen, Filetstopfarbeit auf geknüpften Netzgründen mit 33 Bildern zur Passion und Auferstehung Christi, mit Seidengeweben verstärkt und gehalten, Telgte, 1623

Telgter Hungertuch - Einführung

Das Telgter Hungertuch von 1623 gehört zu den wertvollsten Kulturgütern in Westfalen. Der Anbau, in dem Sie sich befinden, wurde eigens für das kostbare Objekt errichtet. Seinen ursprünglichen Platz hatte das Hungertuch gleich nebenan, in der Kirche Sankt Clemens. Dort hing es jedes Jahr zur Fastenzeit vor dem Altarraum, von Aschermittwoch bis kurz vor Ostern. Erst nach knapp 300 Jahren kam das Hungertuch außer Gebrauch und wurde 1910 an das Berliner Museum für Volkskunde verkauft – ein Umstand, den man schon bald wieder rückgängig machen wollte. 1971 gelang es schließlich, das Hungertuch nach Telgte zurück zu holen, hierher ins Museum.

Das Telgter Hungertuch war immer nur in den 40 Tage der Fastenzeit zu sehen. Dann wurde es wieder eingerollt und verwahrt. Ein Hungertuch sollte den Altar während der Fastenzeit verbergen. Die versammelte Gemeinde durfte weder die heilige Messe noch die Altarbilder sehen. Für den mittelalterlichen Menschen war das eine schmerzliche Entbehrung, ähnlich wie der Verzicht auf Fleisch.

Hungertücher, auch „Fastentücher“ genannt, waren in der romanischen Zeit in der gesamten abendländischen Kirche verbreitet. Nach der Gotik und der Reformation haben sie sich hier in Westfalen und im Alpenraum länger gehalten als anderswo. Die frühen Exemplare waren vermutlich ganz schlicht, ohne figürlichen Schmuck. Erst seit dem späteren Mittelalter tragen die Hungertücher biblische Bilder, entweder gemalt – oder, wie in Westfalen üblich, gestickt. Sie sollten den Gläubigen – vor allem denen, die nicht lesen konnten – die zentralen Inhalte des christlichen Glaubens vor Augen führen.

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Das Telgter Hungertuch entstand 1623 als Stiftung des Burgmannes Henrich Voss und seiner Ehefrau Catarina Droste für die benachbarte Pfarrkirche St. Clemens, wo es bis 1907 alljährlich zur Fastenzeit im Chorraum aufgehängt wurde. Fotografie auf Karton, Telgte, vermtl. Anfang 20. Jahrhundert

Telgter Hungertuch - Beschreibung

Rund 400 Jahre ist es her, dass fleißige Hände mit Nadel und Faden die Bilder des Telgter Hungertuchs geschaffen haben: eine sogenannte Filetstopfarbeit. Die Darstellungen werden dabei auf einen geknüpften, netzartigen Untergrund gestickt. Was aus der Ferne dunkel wirkt, ist das Netz. Die hellen Figuren und Inschriften sind die gestickten Flächen. 33 einzeln gefertigte Bildfelder wechseln sich in sechs Reihen übereinander mit 33 unverzierten Quadraten aus Leinen ab.

Die Wappen in der untersten Bildreihe verraten, wem wir das Hungertuch verdanken: Die Familie des Henrich Vos hat das Tuch gestiftet, und Damen des adligen Hauses haben es wohl gestickt, ganz bestimmt mit vielen emsigen Helferinnen. Die theologischen Grundlagen und lateinischen Inschriften lieferte der amtierende Pfarrer, dessen Wappen wir in der Mitte sehen: „Bitterus Willge Pastor Telgetensis“, wie die vier Buchstaben B W P T sagen. Das genaue Entstehungsjahr vermerkt die Widmungsinschrift ganz rechts: „Zum Gedächtnis an das heilbringende Leiden und zur Zierde der Telgter Kirche im Jahre des Herrn 1623 gestickt.“

Lassen Sie uns einen kurzen Blick auf die Darstellungen werfen. Ausführliche Informationen zu den Bildern und ihren Inschriften finden Sie in der Medienstation, wo auch andere Hungertücher vorgestellt werden.
Mit dem „heilbringenden Leiden“, an das mit dem Tuch laut der Widmungsinschrift erinnert werden soll, ist der Tod Christi am Kreuz gemeint. Damit hat Christus, der Gottessohn, nach der christlichen Vorstellung die Menschheit erlöst. Allein vier von sechs Reihen sind dem Leiden, der Passion Christi gewidmet. Ihrer gedenkt man während der Fastenzeit, wenn das Hungertuch in der Kirche hängt.
Die Leserichtung der Bilder läuft immer von links nach rechts. Los geht es links oben mit dem Abschied von den Jüngern. Es folgen Jesu Gebet im Garten Gethsemane und zwei Felder mit Judas, wie der den Heilland verrät. Daraufhin wird Jesus dem Hohepriester vorgeführt, in der zweiten Reihe steht er mit gefesselten Händen vor Pontius Pilatus, der ihn zum Tode am Kreuz verurteilt. Die drei nächsten Felder zeigen die Verspottungen, die er zuvor erleiden muss. Anschließend folgen die Kreuztragung und das sogenannte Schweißtuch der Veronika, auf dem sich das Gesicht Christi abgedrückt haben soll.
Hier, in der zweiten Reihe, lässt sich auch eine technische Eigenheit des Hungertuchs gut erkennen: Bitte schauen Sie in Bildfeld 2, 3 und 5 jeweils auf die Figur links, die mit erhobenem Arm zum Schlag ausholt: Sie ist immer gleich gestaltet. Hier haben die Stickerinnen offenbar Schablonen verwendet. Wenn Sie darauf achten, werden Sie weitere Beispiele dafür finden.
Die ganze dritte Reihe zeigt die Szenen der Kreuzigung: wie Jesus ans Kreuz genagelt und wie er – ganz rechts – tot wieder abgenommen wird. Die drei Felder dazwischen komponieren gemeinsam das Bild der Kreuzigung mit den ebenfalls gekreuzigten Schächern zu beiden Seiten.
Die vierte Reihe beginnt mit der Szene, in der zwei Soldaten um das Gewand Christi würfeln. Viel diskutiert ist das nächste Bild, das den toten Christus auf dem Schoß seiner Mutter zeigt. Eine solche Darstellung – Pietà genannt – gibt es in Telgte noch einmal: das berühmte, hölzerne Gnadenbild in der Wallfahrtskapelle. Vielleicht hat man diese Skulptur für das Bild auf dem Hungertuch als Vorbild genommen. In den nächsten Feldern folgen die Grablegung und die drei Frauen am leeren Grab, dann die Höllenfahrt und außen rechts die Auferstehung von den Toten.
Die fünfte Reihe ist anders gestaltet. Sie zeigt Einzelfiguren in rautenförmigen Rahmen: die Symbole der vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes und in der Mitte das Lamm als Sinnbild Christi.
In der letzten Reihe finden wir fünf Ereignisse aus dem Alten Testament: den Sündenfall von Adam und Eva, die Arche Noahs und Abraham, der seinen Sohn Isaak opfern will. Dann folgen die Aufstellung der Ehernen Schlange durch Moses und die Kundschafter mit der Traube.
Mit der Widmungsinschrift endet das komplexe Bildprogramm des Hungertuchs. Wenn die Menschen während der Fastenzeit in der Kirche saßen und auf das Tuch schauten, sollte ihnen bewusst werden, dass Christus für sie gestorben ist – und dass er an Ostern, dem Fest, auf das man sich durch Fasten vorbereitet, wieder auferstanden ist.

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In der untersten Reihe des Hungertuches sind Szenen aus dem Alten Testament zu sehen, das erste Bildfeld links zeigt den Sündenfall von Adam und Eva

Telgter Hungertuch - Fünf Szenen aus dem Alten Testament

Den Anfang macht der Sündenfall, in dem Adam und Eva den verbotenen Apfel vom Baum der Erkenntnis essen. Damit bringen sie die Erbsünde über die Menschheit und werden aus dem Paradies vertrieben.
Es folgt die Arche, in der Noah, seine Familie und  jeweils zwei Tiere jeder Art als einzige die Sintflut überleben. Gott hatte sie über die Menschen gebracht, weil er über ihre vielen Sünden erzürnt war. Rechts fliegt eine Taube mit einem Zweig im Schnabel heran – Zeichen dafür, dass die Flut vorüber ist und neues Leben auf der Erde wächst.
Das nächste Feld zeigt den Moment, in dem Abraham seinen Sohn Isaak opfern will. Dieses schwere Los hatte Gott ihm aufgetragen, um zu prüfen, ob Abraham ihn bedingungslos liebt. Das war nun bewiesen! Darauf schickt Gott den rettenden Engel – hier links –, der Abraham von der Tat abhalten soll, rechts im Busch steht der Widder, der dann an Stelle Isaaks geopfert wird.
Das folgende Bild erzählt, dass Gott giftige Schlangen zu den Israeliten schickt, um sie für ihre Ungeduld zu bestrafen, hier links zu sehen. Auf Weisung Gottes stellt Moses aber eine eherne Schlange auf, also eine Nachbildung aus Erz. Wer gebissen wurde und zu ihr aufblickte, wurde geheilt.
Das letzte Bild zeigt zwei der Kundschafter, die Moses auf der Wanderung der Israeliten durch die Wüste ausschickt, um das von Gott versprochene Land zu erkunden. Die beiden kehren mit einer riesigen Traube zurück und beweisen, dass dies tatsächlich das gelobte Land ist, in dem „Milch und Honig fließen“.
Alle fünf alttestamentlichen Szenen nehmen Bezug auf die oben gezeigte Passion Christi, es sind sogenannte Typologien. Die Opferung Isaaks deutet zum Beispiel darauf hin, dass Gott seinen Sohn für die Menschen opfert, und die Errichtung der Ehernen Schlange steht als Vorausdeutung für die Kreuzigung Christi.

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Votivgemälde zur Errettung des Freiherrn Matthias Korff-Schmiesing vor dem Tod durch Ertrinken durch Anrufung des Telgter Gnadenbildes 1668, Ölmalerei auf Leinen, Herkunft unbekannt, erste Hälfte 18. Jahrhundert, Leihgabe: Kirchengemeinde St. Marien Telgte

Votivbild Korff-Schmiesing

Das Unglück geschieht am 8. Oktober 1668. Die Kutsche von Matthias Korff-Schmiesing, einem hohen Kirchenmann aus westfälischem Adel, überquert gerade einen Fluss bei Osnabrück, als ein Rad bricht und die Insassen des Wagens in die Fluten stürzen. Der Freiherr kann nicht schwimmen, und nur knapp entgeht er dem Tod. Für ihn ist seine Rettung ein Wunder – ein Wunder, das Gott dank der Fürbitte der Gottesmutter Maria an ihm gewirkt hat. Sie hatte Korff-Schmiesing in seiner Not um Hilfe angefleht und dabei das Telgter Gnadenbild vor Augen, wie hier oben links zu sehen ist: Es zeigt Maria mit ihrem toten Sohn auf dem Schoß: eine Pietà, aus Holz geschnitzt und gegen 1370 entstanden. Im Vordergrund erkennen Sie Telgte, mit der Wallfahrtskirche Sankt Clemens und der kuppelbekrönten Wallfahrtskapelle, in der das Gnadenbild steht.

Auf dem Gemälde sind der Unfall, die wundersame Rettung und der Gnadenort genau dokumentiert. Das ist typisch für solche Votivbilder. Das Bild sollte ein Beleg dafür sein, dass Maria geholfen hat – wieder einmal! Denn die Gottesmutter hat schon für viele, die vor dem Telgter Gnadenbild gebetet haben, ein gutes Wort bei Gott eingelegt. Davon sind katholische Gläubige bis heute überzeugt. Jedes Jahr pilgern etwa 100.000 Menschen nach Telgte. Das Gnadenbild steht daher im Mittelpunkt des folgenden Ausstellungsbereichs, in dem es um Wallfahrt geht – eine kulturelle Praxis, die es in den meisten Religionen gibt, wie die Foto-Installationen zeigen.

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Weihgaben an das Telgter Gnadenbild, Votivgaben aus Silberblech sowie Dankgaben für die Erhörung von Anliegen, Herkunft unterschiedlich, 18. bis 20. Jahrhundert, Leihgabe: Kirchengemeinde St. Marien Telgte

Konvolut Votivgaben

Augen, Beine und Herzen: ein wahres Sammelsurium menschlicher Körperteile! Aber auch Wickelkinder sehen Sie hier, Christus am Kreuz – und das Telgter Gnadenbild: ihm haben fromme Pilger diese Gaben vermacht. Die kleinen Silberbleche sind sogenannte Votivgaben. Sie erzählen zum Beispiel von glücklich überstandenen Krankheiten und vom Kinderwunsch, der endlich in Erfüllung ging. Alles dank der Hilfe des Gnadenbilds der „Schmerzhaften Mutter“, zu der die Gläubigen gebetet hatten. Nach katholischer Vorstellung vermittelt Maria, ebenso wie die anderen christlichen Heiligen, die Anliegen der Menschen an Gott. Und an manchen Orten gelingt diese Vermittlung besser als anderswo. Das sind Gnadenorte, zu denen Gläubigen pilgern, in der Hoffnung erhört zu werden. Einer von ihnen ist Telgte.

Solche Votivgaben kennen wir bereits aus der Antike. Lange, bevor es das Christentum gab, riefen die Menschen in der Not ihre Gottheit an und versprachen, etwas zu geben, falls ihre Bitte erhört würde. Bei Krankheiten weihten sie Körperteile aus Holz, Ton oder Silber, um für die Heilung zu danken. Viele dieser Gaben tragen die lateinische Inschrift „Ex voto“, also „Aufgrund eines Gelübdes“. Daher der Name „Votiv“. Die Christen übernahmen diesen Brauch und pflegen ihn bis heute.

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Doppelbildstock, Telgter Gnadenbild und Coesfelder Kreuz, Eichenholz, geschnitzt, vielfarbig gefasst, restauriert und ergänzt, vom Hof Middeldorf in der Bauerschaft Weese bei Recke, um 1675

Doppelbildstock

Ursprünglich stand er an einem Wegesrand, dieser mächtige Bildstock. Seine Bilder machten jedem, der vorbeikam, unmissverständlich klar: Hier, im Bistum Münster, wanderst Du auf katholischem Gebiet. Die Darstellungen weisen nicht ohne Stolz auf zwei bedeutende Wallfahrtsziele der Region: auf das Gnadenbild von Telgte und, auf der Rückseite, auf das Kruzifix der Lambertikirche in Coesfeld, etwa 50 Kilometer westlich von hier.

Aufgestellt hat man den Bildstock gegen 1670 auf Veranlassung des Fürstbischofs von Münster, Christoph Bernhard von Galen. Er ließ solche Markierungen auch an den Grenzen des Bistums platzieren, um seinen Machtbereich gegenüber den protestantischen Nachbarn zu demonstrieren. Dass auf dem Bildstock gerade die beiden Gnadenbilder dargestellt sind, wundert nicht: Der Fürstbischof fördert die zwei Pilgerziele zeitlebens in ganz besonderem Maß. Christoph Bernhard von Galen führt die Wallfahrt nach Telgte 1651 überhaupt erst offiziell ein und erklärt sie dann zur Hauptwallfahrt seines Bistums. Wenig später legt er den Grundstein für die Gnadenkapelle, um den Wallfahrern auch in größeren Gruppen das Vorbeidefilieren am Gnadenbild zu ermöglichen. Vorher war die Skulptur vermutlich an der Außenwand der Kirche Sankt Clemens angebracht, in einer Art Holzverschlag mit einem Schutzdach. Dort hat das Marienbild erste Wunder bewirkt, dort liegen die Anfänge des Telgter Gnadenbilds.

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Kastentruhe, Eisen, geschmiedet, für den Transport und die Verwahrung des Festschmucks für das Gnadenbild, mit drei Schlössern, Herkunft unbekannt, 1734, Leihgabe: Kirchengemeinde St. Marien Telgte

Grafik, Schmuck und Transporttruhe

Wer 1754 als Wallfahrer nach Telgte kam, konnte zur Erinnerung einen solchen Kupferstich erwerben: mit dem prächtig ausstaffierten Gnadenbild oben und einer Ansicht von Telgte darunter. Und es waren viele, die in diesem Jahr kamen! Damals war es genau 100 Jahre her, dass Christoph Bernhard von Galen, der Fürstbischof von Münster und große Verehrer des Telgter Gnadenbilds, den Grundstein für die Wallfahrtskapelle gelegt hatte. Damit war die Wallfahrt nach Telgte erst richtig ins Rollen gekommen. Um dieses Jubiläum gebührend zu feiern, ließ sein Nachfolger, Clemens August von Bayern, ein Fest ausrichten, wie es das Münsterland in diesem Jahrhundert weder zuvor noch danach gesehen hat. Der Fürstbischof lud seine gesamte Diözese zur Wallfahrt nach Telgte ein, täglich kamen Tausende Pilger.

Das Gnadenbild verschwindet hier fast unter seinem üppigen Schmuck. Maria trägt eine Krone, einen Schleier und einen Mantel aus rotem Samt. Die Gottesmutter und ihr Sohn sind mit Votivgaben behängt. Im Bereich der Beine ist der Marienfigur eine Art Schürze vorgehängt, ein sogenanntes Gremiale, das ebenfalls aus rotem Samt besteht, mit Silberstickereien verziert und mit barockem Frauenschmuck bestückt, der aus goldgefassten Lapislazulisteinen und einer Damenuhr besteht. Der Samtumhang und das Gremiale, beides Geschenke des Fürstbischofs Clemens August von Bayern, blieben in wenigen ausgeschnittenen Teilen erhalten: Die Stücke liegen in der Vitrine rechts. Der barocke Schmuck des Gremiale ist hingegen vollständig überliefert. Das ist selten und macht ihn sehr wertvoll. Die Lapislazulisteine und die Damenuhr werden daher gesondert aufbewahrt. Zu dem außergewöhnlichen Ensemble gehört auch die mächtige Schatztruhe, ein Stück weiter hinten. In ihr hat man das kostbare Gremiale nach Telgte gebracht und später auch darin aufbewahrt.

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Banner der Vereinten Handwerker in Telgte, Darstellung des Telgter Gnadenbildes im Festschmuck und des hl. Papstes Clemens I. als Patron der Telgter Pfarrkirche, Inschriften und Handwerkerzeichen, Ölmalerei auf Leinen, auf Seide appliziert, Fahnenbilder von Franz Rudolph Löltgen (1772-1853), Telgte, 1821

Wallfahrtsfahne

Auf Wallfahrt kann man alleine gehen oder man schließt sich zusammen. Wenn die Telgter Handwerker an einer Prozession teilnahmen, dann führten sie stolz diese Fahne mit sich. Die Handwerkervereinigung von Telgte ließ das Banner im Jahr 1821 anfertigen. Es trägt auf beiden Seiten ovale Bildfelder, mit Ölfarben auf Leinen gemalt und dann auf den roten Seidenstoff genäht. Hier, auf der Vorderseite, sehen Sie das Telgter Gnadenbild im Festtagsputz: mit Krone, Schleier und dem kostbar verzierten roten Samtumhang, den wir rechts an der Wand in einer Vitrine zeigen. Besonders schön ist unten im Zierwerk der Fahne die Damenuhr zu erkennen, die den Festumhang von 1734 als besondere Gabe schmückt. Auf der Rückseite ist Papst Clemens I. als Telgter Pfarrpatron dargestellt.

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Devotionalien, Kerzen zum Andenken an die Telgter Wallfahrt, Verkaufsware aus dem Devotionalienhandel in Telgte, Stearin, Telgte, 1988

Devotionalien

Es ist wohl ein Grundbedürfnis des Menschen: etwas mitzunehmen von einem Ort, der einem am Herzen liegt, einem Ort, an dem Besonderes geschieht, einem Ort, der als heilig gilt. Telgte ist so ein Ort. All die Dinge, die Sie in dieser Vitrine sehen, sind dafür gedacht, dass fromme Pilger sie mit nach Hause nehmen, sogenannte Devotionalien. In Material, Machart und Größe unterscheiden sich die Figürchen, Kerzen, Teller und Tassen. Was sie eint, ist, dass sie Telgte und das Gnadenbild wiedergeben – und natürlich ihre Funktion: Es sind Erinnerungsstücke, die fern des Wallfahrtsorts zur Andacht anregen sollen.

Die Gläubigen bringen also nicht nur etwas zum Gnadenort mit – zum Beispiel eine Votivgabe als Dank für eine erhörte Bitte –, sondern sie tragen auch etwas von dort mit sich fort. Dieses Prinzip ist so alt und so weit verbreitet wie das Wallfahren selbst. Schon in der Antike brachten die Pilgern etwas von ihrer Wallfahrt mit nach Hause: zum Beispiel ein wenig Staub von einer heiligen Stätte oder Öl aus einer Lampe, die dort brannte. Auch der kommerzielle Devotionalienhandel blühte schon früh – und tut es bis heute an katholischen Wallfahrtsorten, wie hier in Telgte.

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Baum der Erkenntnis mit Tanakh, Bibel, Koran und BGB

Baum der Erkenntnis

Ein Baum, fünf Bücher. Der Baum steht für den „Baum der Erkenntnis von Gut und Böse“, von dem Adam und Eva den verbotenen Apfel aßen und dadurch ihre Unschuld verloren. Erst danach wurde ihnen bewusst, dass sie nackt sind – erst dann konnten sie unterscheiden zwischen richtig und falsch. Die Bücher sind die heiligen Schriften der drei großen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam: die Thora, die Bibel und der Koran. Alle drei erzählen die Geschichte des ersten Menschenpaares, das Gott aus dem Paradies vertrieb, weil es sein Gebot nicht befolgt hatte. Außerdem sehen Sie ein Exemplar des BGB, des „Bürgerlichen Gesetzbuches“ der Bundesrepublik Deutschland, das auch auf den Werten der 10 Gebote des Alten Testaments fußt.

Diese Inszenierung möchte Sie zum Nachdenken anregen: Welche Werte leiten mich, wenn ich eine Entscheidung treffe? Welche Rolle spielt mein Gewissen dabei, mein Glaube, meine Religion? Dass der „Baum der Erkenntnis“ gerade hier steht, ist kein Zufall. Er hat mit den beiden Ausstellungsbereichen zu tun, die er verbindet: Bei der Wallfahrt, rechts im Raum, hofft der Mensch, Gott am Gnadenort ein Stückchen näher zu kommen. Das Leben des Kardinals von Galen zur Zeit des Nationalsozialismus, hier links, erzählt von Entscheidungen, die auf Glauben, Gewissen und Mut beruhen.

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Kardinal von Galen, Ölgemälde, Maler Adolf Deussing, Münster, 1965

Kardinal von Galen:
Predigtabschrift und Porträt

Drei Predigten

Kardinal von Galen: Predigtabschrift und Porträt

Clemens August Graf von Galen war katholischer Priester, Bischof und Kardinal, ehrfurchtsvoll „der Löwe von Münster“ genannt. Im Jahr 2005 wird er selig gesprochen. Denn Galen war ein großer, ein unerschrockener Mann: Groß war sein Mut, das menschen- und kirchenverachtende Naziregime öffentlich anzuprangern. Groß war auch sein Erscheinungsbild, mit den knapp zwei Metern, die er maß – die Stele mit seinem Porträt vermittelt Ihnen einen Eindruck davon.

Berühmt geworden sind vor allem drei Predigten, die Bischof von Galen im Sommer 1941 in Münster hält. Laut und deutlich protestiert er darin gegen den Terror des nationalsozialistischen Regimes. Von Galen klagt die grausamen Euthanasiemorde an, die damals an Kranken aus der Psychiatrie verübt werden. Und er verurteilt die willkürlichen Übergriffe des Staates, die Vertreibungen katholischer Ordensleute aus ihren Klöstern, die Gewalt, die Enteignungen. Seine couragierten und offenen Worte sprechen viele Menschen an, nicht nur in Münster, und nicht nur in Deutschland. Von Galens Predigten werden heimlich vervielfältigt und unter der Hand weitergegeben. Eine dieser Kopien liegt hier in der Vitrine. Über die Feldpost an die Soldaten gelangten die Abschriften in weit entfernte Gebiete. Auch die Alliierten kannten die Predigten des Bischofs: Kopien davon landeten sogar auf dem Schreibtisch des amerikanischen Präsidenten.

Drei Predigten

Die erste seiner drei berühmten Predigten von 1941 hält Bischof von Galen am 13. Juli in der Lambertikirche in Münster. Er protestiert darin gegen die Vertreibung und Enteignung katholischer Geistlicher und gegen jegliche Willkür des Naziregimes:

„Keiner von uns ist sicher, und mag er sich bewusst sein, der treueste, der gewissenhafteste Staatsbürger zu sein, mag sich völliger Schuldlosigkeit bewusst sein, dass er nicht eines Tages aus seiner Wohnung geholt, seiner Freiheit beraubt, in den Kellern und Konzentrationslagern der Geheimen Staatspolizei eingesperrt wird. Ich bin mir darüber klar: das kann auch heute, das kann auch eines Tages mir geschehen. Weil ich dann nicht mehr öffentlich sprechen kann, darum will ich heute öffentlich sprechen, will ich öffentlich warnen vor dem Weiterschreiten auf einem Wege, der nach meiner festen Überzeugung Gottes Strafgericht auf die Menschen herab ruft und zu Unglück und Verderben für unser Volk und Vaterland führen muss.“

Die zweite Predigt, deren Abschrift hier liegt, findet am 20. Juli in der Überwasserkirche in Münster statt. In ihr fordert Bischof von Galen die Gläubigen auf, stark im Glauben zu bleiben, auch gegen das Regime:

„Wir sind zur Zeit Amboss, nicht Hammer! Bleibt stark und fest und unerschütterlich wie der Amboss bei allen Schlägen, die auf ihn niedersausen; in treuestem Dienst für Volk und Vaterland, aber auch stets bereit in äußerstem Opfermut nach dem Wort zu handeln: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!“ (...) Es kann sein, dass der Gehorsam gegen Gott, die Treue gegen das Gewissen mir oder euch das Leben, die Freiheit, die Heimat kostet. Aber: „Lieber sterben als sündigen!“

In der dritten Predigt vom 3. August prangert Bischof von Galen die Euthanasiemorde der Nazis an:

„Wenn einmal zugegeben wird, dass Menschen das Recht haben, „unproduktive“ Mitmenschen zu töten – und wenn es jetzt zunächst auch nur arme wehrlose Geisteskranke trifft –, dann ist grundsätzlich der Mord an allen unproduktiven Menschen, also an den unheilbar Kranken, den arbeitsunfähigen Krüppeln, den Invaliden der Arbeit und des Krieges, dann ist der Mord an uns allen, wenn wir alt und altersschwach sind und damit unproduktiv werden, freigegeben.“


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Totenmaske des Gesichtes von Clemens August Graf von Galen, Gips, Abguß eierschalfraben getönt, gefertigt von Albert Manzotti (1882-1951), Münster, 1946

Totenmaske

Die Totenmaske von Clemens August Kardinal von Galen. Er stirbt am 22. März 1946 im Alter von 68 Jahren an einem Blinddarmdurchbruch. Wenige Tage zuvor jubelt ihm in Münster noch eine begeisterte Menge zu. Von Galen ist gerade aus Rom zurückgekehrt, aus dem Vatikan, wo ihn der Papst feierlich zum Kardinal erhoben hat. Damit würdigt die katholische Kirche – nun, nachdem der Krieg endlich vorüber ist – die unerschrockene Haltung ihres Bischofs unter den Nationalsozialisten. Von Galens Auftreten gegenüber dem Naziregime entsprach ganz dem Motto, das er 1933 bei seiner Weihe zum Bischof für sich wählt: Nec laudibus, nec timore: Weder Lob noch Furcht sollen mich leiten.

Die entscheidende Prägung erhält Kardinal von Galen bereits im tief religiösen Elternhaus. Er stammt aus altem westfälischem Adel und wird 1878 als elftes von dreizehn Kindern auf Burg Dinklage bei Oldenburg geboren. Nach dem Theologiestudium wird von Galen 1904 in Münster zum Priester geweiht. Mehr als 20 Jahre ist er dann Pfarrer in Berlin, bis er 1929 für immer nach Münster zurückkehrt. Auch nach Telgte kommt Bischof von Galen in diesen Jahren gern: Oft pilgert er in den frühen Morgenstunden hierher, unerkannt in einfacher Wanderskleidung, um vor dem Gnadenbild der „Schmerzhaften Mutter“ das heilige Messopfer zu feiern oder einfach nur zu beten.

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Brillenset des Kardinals von Galen bestehend aus feinteiliger Lesebrille nach Art der Nickelbrillen, längliches Brillenetui mit abgerundeteten Enden und Schnappverschluss, Putztuch mit geschnittenem Bogenrand, Hersteller Dpl. Optiker Josef Viehoff, Münster, um 1910

Persönliche Objekte des Kardinals

Hut, Pullover und Schuhe, Uhren und Portemonnaies. Imposant auch die lange Pfeife. Ganz alltägliche Dinge also, und doch sind sie etwas Besonderes. Denn sie gehörten Clemens August Kardinal von Galen, dem „Löwen von Münster“.

Die Verehrung von Galens begann in seiner Heimatdiözese, dem Bistum Münster, unmittelbar nach seinem plötzlichen Tod im Jahr 1946. Nun wurde seine persönliche Habe ehrfürchtig verwahrt und schon kurz darauf hier im Museum ausgestellt. Zu seinen Hinterlassenschaften gehören auch die purpurroten Kleidungsstücke des frisch ernannten Kardinals: zum Beispiel der seidene Talar und, besonders bemerkenswert, die roten Schuhe, Größe 47.

Unproblematisch ist es nie, wenn Menschen einen Menschen verehren – sei es ein Popstar, ein Filmheld oder ein Kirchenmann. Es ist immer das Idealbild, das die anderen sehen – oder besser: sehen wollen! Mit Kardinal von Galen ist es nicht anders. Aus historischer Sicht wird er in manchen Punkten kritisch betrachtet, etwa in seiner Einstellung zur Demokratie und zu Hitlers Kriegen. Unbestritten bleibt aber, dass er mutig für die Würde des Menschen eintrat, für Freiheit, Glaube, Gewissen, ohne dabei die Repressalien der Nazis zu fürchten. Damit hat er vielen Menschen Halt und Hoffnung in schweren Zeiten gegeben.

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Stationsbilder 314, 503, Abbildungen Themenbereiche Tisch der Religionen, Telgter Hungertuch © Thomas Pflaum, tompflaum.com


Bildunterschriften und Bildnachweise Interreligiöse Tour

Abbildung Themenbereich Tisch der Religionen: „Alle Religionen auf einem Tisch“ © Thomas Pflaum, tompflaum.com

Stationsbild 10: „Auf einem Tisch sind Objekte zu den Religionen der Welt vereint.“ © Stephan Kube, Greven

Abbildung Themenbereich Lebensfeste: „Lebensfeste“ © Andreas Lechtape, Münster

Stationsbild 11: „Taufbecken, Bielefeld, um 1900, Leihgabe: Dietrich-Bonhoeffer Kirchengemeinde, Bielefeld; Taufkleider, Münsterland, 20. Jahrhundert, Leihgabe: Mühlenhof und Privatbesitz.“ © Andreas Lechtape, Münster

Stationsbild 12: „Taufspritze/Klistierspritze, Deutschland, um 1900, Leihgabe: Westfälische-Wilhelms Universität Münster - Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin.“ © Jürgen Böer, Relígio - Westfälisches Museum für religiöse Kultur

Stationsbild 13: „Beschneidung Jesu im Tempel, Deutschland 18. Jahrhundert Süddeutschland, 18. Jahrhundert; Die Beschneidung Christi, von Martin Schoen (gest. um 1486), geätzt von J.(ohann) C.(onrad) Krüger, Deutschland, Anfang 18. Jahrhundert.“ © Stephan Kube, Greven

Stationsbild 14: Abendmahlskanne, Kelch und Hostienteller aus dem Dietrich-Bonhoeffer-Haus, Kreuztal, 1976“ © Stephan Kube, Greven

Stationsbild 15: Goldhauben, Abendmahl- und Hochzeitshaube, Osnabrücker Land, um 1900 „Rosenkranz, Kommuniongeschenk, Münsterland, Anfang des 20. Jahrhunderts.“ © Stephan Kube, Greven

Stationsbild 16: „Goldhauben, Abendmahl- und Hochzeitshaube, Osnabrücker Land, um 1900.“ © Stephan Kube, Greven

Stationsbild 17: „Kruzifix für die Totenrast, Münsterland, um 1675, Leihgabe: LWL Museum für Kunst und Kultur“ © Stephan Kube, Greven

Abbildung Raumtext Jenseits: © Jürgen Böer, Relígio - Westfälisches Museum für religiöse Kultur

Stationsbild 19: „Vierzehn Nothelfer, Westfalen, 19. Jahrhundert“: © Stephan Kube, Greven

Stationsbild 20: „Die Heiligen Drei Könige, Figuren aus der Krippe der früheren Jesuitenkirche St. Petri in Münster, Westfalen, um 1820“ © Stephan Kube, Greven

Stationsbild 21: „Narrenkappe der Telgter Karnevalsgesellschaft Schwarz-Gold Telgte, Telgte,1970er Jahre“ © Jürgen Böer, Relígio - Westfälisches Museum für religiöse Kultur

Stationsbild 22: „Ostereier aus verschiedenen Ländern, 1970-2000.“ © Stephan Kube, Greven

Stationsbild 23: „Erzgebirgischer Weihnachtsberg, von Carl Friedrich Hertelt (1837--1921), Oberwiesenthal, um 1890“ © Stephan Kube, Greven

Stationsbild 24: „‘Einbaum-Krippe‘, Makonde Schnitzarbeit von Edward Nangundu, Tanzania 1974“ © Andreas Lechtape, Münster

Stationsbild 25: „Verkündigung an Maria, Schwester le Bret, Offenburg, um 1965“ © Stephan Kube, Greven

Abbildung Themenbereich Glaubenslandschaft Westfalen © Andreas Lechtape, Münster

Stationsbild 30: „In diesem Raum kann man Westfalen als Glaubenslandschaft erkunden.“ © Andreas Lechtape, Münster

Stationsbild 31: „Agnus Dei, Westfalen, Ende des 19. Jahrhunderts“ © Stephan Kube, Greven

Stationsbild 32: „Muslimische Gebetskette, Ruhrgebiet, 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts“, © Stephan Kube, Greven.

Stationsbild 33: „Heiliger Liborius, aus dem Nachlass des Paderborner Prälaten Franz Wüstefeld (1913-2006), Oberbayern, 1. Hälfte 18. Jahrhundert, Leihgabe: Erzbischöfliches Diözesanmuseum Paderborn.“ © Jürgen Böer, Relígio - Westfälisches Museum für religiöse Kultur

Abbildung Themenbereich Hungertuch: „Das Telgter Hungertuch in der Pfarrrkirche St. Clemens, Fotografie auf Karton, Telgte, um 1907“

Stationsbild 34: „Das Telgter Hungertuch im Museum“ © Thomas Pflaum/tompflaum.com

Abbildung Themenbereich Wallfahrt © Jürgen Böer, Relígio - Westfälisches Museum für religiöse Kultur

Stationsbild 40: „Wallfahrt und Pilgern“ © Jürgen Böer, Relígio - Westfälisches Museum für religiöse Kultur

Stationsbild 41: „Anliegenbücher der Jahre 2000-2003 aus der Wallfahrtskapelle in Telgte“ © Stephan Kube, Greven

Stationsbild 42: „Dankesgaben an das Telgter Gnadenbild, Herkunft unterschiedlich, 18. bis 20. Jahrhundert, Leihgabe: Kirchengemeinde St. Marien Telgte“ © Jürgen Böer, Relígio - Westfälisches Museum für religiöse Kultur

Stationsbild 43: „Doppelbildstock mit dem Telgter Gnadenbild und dem Coesfelder Kreuz, restauriert und ergänzt, vom Hof Middeldorf in der Bauerschaft Weese bei Recke, um 1675“ © Jürgen Böer, Relígio - Westfälisches Museum für religiöse Kultur

Stationsbild 44: „Gegenstände zur Andacht mit dem Telgter Gnadenbild, verschiedene Materialien, Telgte, 2. Hälfte 20. Jh.“ © Stephan Kube, Greven

Stationsbild 50: „Kardinal von Galen mit Mitra, Bronzebüste von Edwin Scharff (1887--1966), Hamburg, 1951, Leihgabe: Gesellschaft zur Förderung der westfälischen Kulturarbeit, Münster“ © Stephan Kube, Greven

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